Erfolgreiches IoT-Geschäft: alles eine Frage der Standards?

Es gibt Tage, da machen mich die kleinen Dinge des Lebens glücklich. Als letzte Woche meine Mikrowelle kaputt gegangen ist und auch eine Reparatur sie nicht mehr retten konnte, brauchte ich keine fünf Minuten, um das Problem zu lösen: einfach mit dem Smartphone auf der Seite des Herstellers ein neues Modell ausgewählt, bestellt und per PayPal gezahlt. 3 Tage später war sie ausgepackt, eingesteckt und lief. Die Leichtigkeit dieses Prozesses verdeutlicht zwei Dinge:

  1. Die Digitalisierung macht es uns unglaublich einfach, selbst umfangreiche Prozesse schnell abzuwickeln.
  2. Ich habe mich nicht gefragt, ob die Mikrowelle auch in meine Steckdose passt und ob sie die üblichen Standards zur Funkstörung, zu gefährlichen Stoffen usw. erfüllt.

Dass diese Sorglosigkeit keine Selbstverständlichkeit ist, weiß jeder, der schon mal ins fernere Ausland verreist ist. Bei den Steckdosen wurde schlicht und einfach der richtige Zeitpunkt verpasst, für globale Standards zu sorgen. Inzwischen würde die Umsetzung eines Standards so viel Kosten und Elektroschrott verursachen, dass es nicht mehr praktikabel ist.

Unvorstellbar, dass unserer hoch entwickelten Gesellschaft so etwas noch einmal passiert… oder doch nicht?

Die Digitalisierung eröffnet neue Geschäftspotenziale. Dabei rückt der Fokus vom Austausch physischer Waren hin zum Austausch von Informationen. Bei dem Kauf meiner Mikrowelle verdient nicht nur der Hersteller, sondern auch der Online-Bezahldienst PayPal. Und das einzig und allein durch den Austausch von Informationen. Auch in Industrieunternehmen schafft die Digitalisierung die Basis für neue Geschäftsmodelle. Das zeigt eine aktuelle Studie von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut. Immer mehr Maschinen und Anlagen werden im industriellen Internet der Dinge über IoT-Plattformen vernetzt, um Leistungsdaten zu ermitteln oder produktbegleitende Dienstleistungen anzubieten. Eine Entwicklung, die rund um den Globus eingesetzt hat und damit viele Lösungen mit unterschiedlichen Datenmodellen und Integrationsmöglichkeiten hervorbringt. Damit lässt sich eine besorgniserregende Parallele zum oben erwähnten Stecker-Durcheinander ziehen. Unternehmen, die ihr digitales Geschäft weiter vorantreiben wollen, verlieren hier schnell die Orientierung bei der Wahl einer für sie geeigneten IoT-Lösung. Denn: Wie zukunftssicher diese ist, hängt maßgeblich davon ab, wie gut sie sich mit anderen Systemen und Datenquellen verbinden lässt.

Globale Standards für nachhaltige Digitalisierung

Ernstzunehmende Initiativen machen hier Hoffnung für einen internationalen Standard im industriellen Internet der Dinge. Die Plattform Industrie 4.0 zum Beispiel hat das Konzept der Verwaltungsschale erarbeitet, welche als die digitale Repräsentanz eines Gerätes zu verstehen ist. Sie ermöglicht es, Maschinen mit allen notwendigen Informationen und Funktionen zu adressieren. So könnte ich beispielsweise für meine Mikrowelle eine App entwickeln, mit ihr interagieren, die Gebrauchsanweisung anzeigen lassen und die Leistungsintensität oder -dauer per Smartphone einstellen. Wenn auch der Hersteller meiner Waschmaschine die Informationen und Funktionen dieses Gerätes nach dem Konzept der Verwaltungsschale zur Verfügung stellt, ist es für App-Entwickler kein Aufwand, weitere Geräte in ihre Anwendung zu integrieren. Diese hersteller- und systemunabhängige Interoperabilität ebnet den Weg für die Zukunft von Industrie 4.0.

An welchem Punkt dieses Weges wir aktuell stehen, welche Initiativen auf globaler Ebene zusammenarbeiten, um einen Standard für das industrielle Internet der Dinge zu etablieren und wie die Umsetzung einer Verwaltungsschale aussehen kann, zeige ich in diesem Video.

Kompliziert vs. Komplex: Der Faktor Mensch im Projektmanagement

Klassisches, agiles oder hybrides Projektmanagement – wofür entscheide ich mich in einem Projekt?  Eine Entscheidungshilfe kann zum Beispiel die Stacey-Matrix (nach dem Organisationstheoretiker Ralph D. Stacey) liefern. Anhand eines Kriterienkatalogs wird beurteilt, wie gut ein Projektvorhaben bereits verstanden ist – und zwar hinsichtlich der Anforderungen einerseits und des Lösungsansatzes andererseits. Sind die Anforderungen klar oder bewegt man sich etwa in einem neuen, noch unbekannten Markt? Wendet man eine gut beherrschte Technologie an oder eine neue, mit der man keinerlei Erfahrung hat?

Einfach, kompliziert, chaotisch?

Entlang dieser beiden Achsen unterteilt die Stacey-Matrix ein Projekt in die Kategorien einfach, kompliziert, komplex und chaotisch. Nach dem sogenannten Cynefin-Framework sind einfache Systeme so klar geordnet, dass man sie unmittelbar versteht. Komplizierte Systeme sind dagegen schwierig zu verstehen. Mit Expertenwissen gelingt es aber, deren Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge vorab zu verstehen und vorauszusagen.

Komplexe Systeme sind zwar ebenfalls von eindeutigen Kausalitäten bestimmt, weisen aber so viele Wechselwirkungen auf, dass auch Experten sie nicht mehr im Vorfeld ausreichend analysieren können. Die Zusammenhänge können erst im Nachhinein erkannt und verstanden werden. Als chaotisch bezeichnet man ein System, wenn keine eindeutigen Wirkungsbezüge mehr auftreten und ein und dieselbe Ursache völlig verschiedene Wirkungen erzeugen kann.

Ein kleines Beispiel verdeutlicht dies:
Für einen Meteorologen mag z.B. eine Wettervorhersage für die nächste Stunde einfach sein, eine für den nächsten Tag kompliziert. Eine Prognose für die nächste Woche dürfte dagegen schon ein komplexes Problem sein, während die Vorhersage für einen Tag des nächsten Jahres sicher ein chaotisches ist.

Solange Projektvorhaben einfach oder kompliziert sind, lassen sie sich mit einem wasserfallartigen, fest vordefinierten Ablauf je nach Expertise gut beherrschen. Je weiter sie jedoch in Richtung Komplexität tendieren, desto mehr empfiehlt sich eine agile, flexible Vorgehensweise mit vielen Rückkopplungsschleifen und der Möglichkeit zu Trial and Error. Ein wie ich finde einleuchtender Ansatz, der übrigens nicht nur auf ganze Projekte, sondern auch selektiv auf einzelne Bereiche in einem Projekt angewendet werden kann.

Die soziale Dimension

Aber vielleicht reicht dieser Ansatz noch nicht ganz aus. Wir haben von Anforderungen und von Lösungsansätzen gesprochen, aber noch nicht von den Menschen, die im Projekt zusammenarbeiten. Ist nicht auch deren organisatorisches und soziales Miteinander einfach, kompliziert oder komplex bis chaotisch? Und hat nicht dieser Faktor genauso große Auswirkungen auf den Projekterfolg? Gerade hier muss man meiner Meinung auch von Nichtvorhersagbarkeit, also Komplexität sprechen

Ein gut eingespieltes, seit Jahren zusammenarbeitendes Team ist sicherlich als einfach einzustufen. Dass es aber in einem neu zusammengestellten Team oder in einer neuen Zusammenarbeit verschiedener Abteilungen mit unterschiedlichen Interessen zu kaum vorhersehbaren Dynamiken kommen kann, wird gerne vergessen. Hier können agile Methoden mit ihrem Fokus auf ergebnisorientierte Kommunikation der Schlüssel zur Beherrschung des Projekts sein.

Vielleicht sollte man den beiden Achsen „Anforderungen“ und „Lösungsansatz“ also noch eine dritte Dimension „Soziales Miteinander“ hinzufügen, um das Entscheidungsmodell zu vervollständigen und die Basis für einen Projekterfolg zu legen.

MBSE ist zu wichtig, um keinen Podcast zu haben

Wir schreiben September 2020 – ein lauer Spätsommerabend: Tim Weilkiens und ich halten ein virtuelles Meeting ab, um zu besprechen, was wir in unserem gemeinsamen Beitrag auf dem Tag des Systems Engineering 2020 präsentieren möchten. Es wird auf ein Beispiel aus dem aktuellen Entwicklungsstand der SysMLv2 hinauslaufen – etwas Neues – eine Live-Demo wäre super – das kennt in Deutschland noch kaum jemand. Aber warum eigentlich? Da müsste man eigentlich mal einen Podcast zu starten!

So oder so ähnlich kann man die Geburt unserer Podcast-Idee „The MBSE Podcast – Trust us we are Systems Engineers“ zusammenfassen.

Warum grade MBSE?

Worum geht es? Tim, Autor und Vorstandsmitglied der oose e.G. und ich, MBSE & PLM Berater und Teamleiter bei CONTACT Software, sind beide Herzblut Systems Engineers. Mit dem Podcast begeben wir uns auf die Mission das Thema MBSE (Modellbasiertes Systems Engineering) in die Breite zu tragen. MBSE hat in den letzten zehn Jahren in Deutschland an Fahrt aufgenommen. D.h. es ist in vielen Branchen angekommen oder zumindest das Bewusstsein, dass Systems Engineering eine Schlüsselkompetenz für die Bewältigung steigender Komplexität interdisziplinärer Produktsysteme darstellt.

Jedoch ist eine Lösung für ein Komplexitätsproblem sicherlich selbst nicht ganz einfach. Dies trifft sehr gut auf das Thema MBSE zu. MBSE ist sehr facettenreich und für Neueinsteiger nicht sehr einfach zu erfassen: Methoden, Prozesse, Sprachen, Rollen, Architekturen, Frameworks, Tools und Ausbildung – um nur einige wenige zu nennen.

MBSE von A bis Z – für Einsteiger und Fortgeschrittene

An dieser Stelle setzen wir an, um das Thema in lockerer Atmosphäre Stück für Stück ausleuchten. Bücher, Trainings und Tools gibt es zur Genüge. In unserem Podcast möchten wir aber auch hinter die Kulissen schauen und das Wissen zwischen den Zeilen von Spezifikationen weitergeben. Wir profitieren dabei von unserem privaten und beruflichen Engagements bei der Gesellschaft für Systems Engineering (GfSE), dem International Council on Systems Engineering (INCOSE) und der Object Management Group (OMG). Damit sind wir sehr nah an aktuellen Entwicklungen im Bereich (MB)SE dran und stehen mit nationalen und internationalen Key-Playern aus Anwendung, Beratung, Forschung und Tools in engem Austausch.

Der Start des regelmäßigen Podcasts

Am 30. Oktober 2020 startete der Podcast mit einem Teaser auf YouTube. Die erste Inhaltliche Episode mit dem Titel „Die Geschichte der SysML“ folgte am 5. November 2020. Wir planen ein bis zwei Folgen pro Monat zu veröffentlichen.

Warum gerade auf YouTube?
Die Plattform bietet umfangreiche Infrastruktur für uns und denkbar einfachste Zugänglichkeit für Zuschauer.

Warum live?
Tim und ich betreiben den Podcast in unserer Freizeit. Uns fehlt schlichtweg die Zeit abendelang Folgen zu schneiden. Der Live-Stream und die danach verfügbare Aufzeichnung sind wie sie sind: 100 Prozent authentisch. In Zukunft planen wir auch eine Interaktion mit den Hörern via Live-Chat einzubinden.

Für alle, die einen Podcast lieber anhören, veröffentlichen wir neben YouTube die Audiospur auch auf Spotify und Apple Podcasts.