UX im Industrieumfeld: Intuitives Design für mehr Effizienz

Die Stadt Würzburg, malerisch gelegen am Main, ist nicht nur für ihre historische Altstadt und erstklassigen Weine bekannt, sondern auch als Gastgeber der „Future of Industrial Usability“. Die Veranstaltung brachte vom 23. bis 24. Oktober Experten aus ganz Deutschland zusammen, um die neuesten Entwicklungen im Bereich User Experience (UX) im industriellen Umfeld zu diskutieren. Meine Kollegin Vivien und ich waren ebenfalls vor Ort und teilen hier unsere Eindrücke.

Benutzerfreundlichkeit als Erfolgsfaktor

Ein zentrales Thema der Konferenz war die User Experience von Produkten in der industriellen Anwendung. Aus gutem Grund: In einer Zeit, in der Technologie und digitale Lösungen den Arbeitsalltag prägen, wird die Gestaltung von Produkten und Anwendungen, die Bedürfnisse und Erwartungen der Anwender in den Mittelpunkt stellen, immer entscheidender. Eine herausragende UX kann nicht nur die Kundenzufriedenheit steigern, sondern auch die Mitarbeiterproduktivität und Effizienz.

Die Vorträge und Diskussionen hierzu zeigten deutlich, dass eine benutzerzentrierte Herangehensweise an die Produktentwicklung unerlässlich ist. Von der Einfachheit der Benutzeroberflächen bis hin zur nahtlosen Integration von Funktionen – Unternehmen müssen die Bedürfnisse ihrer Nutzer verstehen, um Produkte und Anwendungen zu entwickeln, die in der heutigen komplexen Arbeitswelt effektiv eingesetzt werden können.

Nutzer:innenbedürfnisse im Fokus: Personas im Enterprise Software Kontext

Die Entwicklung von Enterprise Software ist aufgrund ihrer Komplexität und Vielzahl an Nutzer:innengruppen besonders anspruchsvoll. Dass der Einsatz von Personas eine gute Möglichkeit bietet, dieser Herausforderung zu begegnen, haben wir bereits im Beitrag „Personas für Business Software – Spielerei oder nachhaltiger Mehrwert?“ beschrieben. Personas sind fiktive Charaktere, die typische Anwender:innen eines Produkts oder Services repräsentieren. Die Arbeit mit ihnen ist bei CONTACT ein wichtiger Bestandteil in der Software-Entwicklung und trägt maßgeblich dazu bei, ein besseres Verständnis über Aufgaben und Bedürfnisse der Nutzer:innen in ihrem Arbeitsalltag zu erhalten. Mit diesem Verständnis können Unternehmen Produkte und Softwarelösungen nutzerzentrierter entwickeln. In Würzburg präsentierten wir hierzu in unserem diesjährigen Vortrag, wie man Personas erstellt, diese im Unternehmen vermarktet und abteilungsübergreifend nutzt.

Kartenset als spielerisches Mittel, um Personas im Unternehmen sichtbar zu machen (©Vogel Communications Group)

Die Integration von KI in Interaktionskonzepte: Der Weg in die Zukunft

Ein weiteres heiß diskutiertes Thema war die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) in Interaktionskonzepte. KI wird in der Industrie zunehmend als ein Mittel zur Verbesserung von Prozessen und zur Unterstützung von Entscheidungsfindungen eingesetzt. Sie hat das Potenzial, die Art und Weise, wie wir mit Maschinen und Technologie interagieren, grundlegend zu verändern. Die Teilnehmer konnten sich anhand beeindruckender Beispiele und Best Practices ein Bild davon machen, wie KI die Effizienz und Leistungsfähigkeit in der Industrie steigern kann. So zeigte zum Beispiel ein Konzept, wie die KI-Integration in ein Human Machine Interface (HMI) Maschinenanwender:innen dabei unterstützt, Anlagen energieeffizienter einzustellen.

Future of Industrial Usability: Ein voller Erfolg

Insgesamt war die „Future of Industrial Usability“ eine inspirierende Veranstaltung. Zeigte sie doch neben aktuellen Trends, dass die nutzerzentrierte Entwicklung von Produkten für die Industrie nicht bloß eine Modeerscheinung ist, sondern eine Schlüsselrolle in der Zukunft der Produktentwicklung und des Unternehmenserfolgs eingenommen hat. Unternehmen, die in die Verbesserung der Usability investieren, werden in der Lage sein, sich in einem zunehmend wettbewerbsintensiven Markt abzuheben und die Bedürfnisse ihrer Kunden besser zu erfüllen.

Wir können uns auf weitere spannende Entwicklungen und Innovationen in diesem Bereich freuen und danken den Organisatoren der Konferenz in Würzburg für diese großartige Veranstaltung. Bis zum nächsten Mal.

Wie intuitive CAE-Apps die Produktentwicklung beschleunigen

Zunehmend komplexere Produkte immer schneller auf den Markt zu bringen, stellt Unternehmen heute vor vielfältige Herausforderungen. Besonders der Mangel an verfügbarem Spezialwissen von Simulationsexpert:innen im Bereich des Computer-Aided Engineering (CAE) bremst die Produktentwicklung häufig aus. Niedrigschwellige CAE-Anwendungen können hier Abhilfe schaffen und die Art und Weise, wie Produkte entwickelt und optimiert werden, maßgeblich verbessern.

Isoliertes Fachwissen als Flaschenhals in der Produktentwicklung

Simulationstechnologien bieten enormes Potenzial für die Produktentwicklung. Die tägliche Praxis zeigt aber, dass es immer noch mit erheblichem organisatorischem Aufwand verbunden ist, vermeintlich einfache Fragestellungen über eine Simulation zu beantworten. Häufige Beispiele dafür sind, die Auswirkungen einer Materialänderung auf das Deformationsverhalten eines Bauteils oder die funktionalen Konsequenzen geringfügiger Änderungen der Bauteilgeometrie aus Fertigungsgründen.

Komplexe Fragestellungen erfordern den Austausch zahlreicher Informationen zwischen den beteiligten Prozessparteien. Beispiele hierfür sind die Bereitstellung von aktuellen CAD-Ständen seitens der Konstruktion oder die Rückführung von vorliegenden Versuchsergebnissen in die Simulation. Zudem sind relevante Entscheidungstermine und verfügbare Simulationskapazitäten zu berücksichtigen. Die Durchführung und Auswertung der Simulation erfordern meist spezialisiertes Fachwissen, das häufig in Expertengruppen isoliert und nur begrenzt verfügbar ist.

Expertenwissen unternehmensweit zugänglich machen

Ziel sollte es also sein, die Hürden für die Nutzung von Simulationstechnologien abzubauen, um sie einer breiten Anwendergruppe – unabhängig von ihrer technischen Expertise – zugänglich zu machen. Der Weg dahin kann als „technische Demokratisierung der Simulation“ bezeichnet werden. Er besteht darin, vorhandenes Fachwissen in intuitiv bedienbare CAE-Anwendungen zu integrieren und diese unternehmensweit anhand eines CAE-Business-Layers allen Anwender:innen bereitzustellen.

In drei Schritten zum CAE-Business-Layer:

  1. Analyse
    Am Anfang erfolgt eine gründliche Bestandsaufnahme der vorhandenen CAE-Prozesse im Unternehmen. Dies hilft, die wichtigsten Prozesse anhand ihrer Anwendungsrelevanz zu identifizieren und nach dem Kosten-Nutzen-Prinzip zu entscheiden, welche sich für die Entwicklung einer CAE-Applikation eignen.
  2. Standardisierung
    Im nächsten Schritt folgt die Standardisierung der identifizierten CAE-Prozesse, wobei das Fachwissen der Berechnungsingenieur:innen gefragt ist. Die Anforderungen an die Inputgrößen des CAE-Fachprozesses, wie zum Beispiel erforderliche Parameter und Daten sowie der gewünschte Output aus dem CAE-Prozess, werden dabei klar beschrieben. Da Simulationsprozesse in der Regel ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Softwaretools sind, liegt besonderes Augenmerk auf die Fehlerbehandlung bei potenziell auftretenden Problemen während des laufenden Prozesses.
  3. Automatisierung
    Anschließend erfolgen die Entwicklung und die Implementierung der CAE-Applikation im Unternehmen. Die Bereitstellung auf einer im gesamten Unternehmen verfügbaren Softwareplattform, die auch die für den Prozess erforderlichen und entstehenden Daten hostet, gewährleistet dabei eine umfassende Nachvollziehbarkeit.

Sukzessive entsteht so ein CAE-Business-Layer, der die CAE-Applikationen vereint.

Dashboard mit CAE-Apps in CONTACT Elements (© CONTACT Software)

Bedenken und Chancen

Der breite Zugang zu Simulationstechnologien bedeutet nicht, dass jede:r gleich Experte oder Expertin wird, sondern dass Anwender:innen durch komplexe Prozesse geführt werden. Ein integriertes Fehlerhandling reagiert dabei auf Fehleingaben oder Abweichungen bei den erwarteten Daten. Die Erfahrung zeigt, dass Expertenfähigkeiten und Simulationsfachwissen nicht abgewertet werden. Im Gegenteil: Erfahrene Ingenieur:innen, die über viel Praxis und methodisches Know-how verfügen, bleiben unersetzlich. Durch die generelle Nutzung können sie sich anspruchsvolleren Aufgaben widmen, Entscheidungsprozesse begleiten oder sich auf die Weiterentwicklung der Simulationsmethoden konzentrieren.

Fazit: Niedrigschwellige CAE-Anwendungen vereinen Effizienz und Innovation

Die unternehmensweite Bereitstellung benutzerfreundlicher CAE-Applikationen markiert eine Möglichkeit, Simulationsmethoden noch früher und konsequenter in der Produktentwicklung zu etablieren. Mehr Anwender:innen sind in den Entwicklungsprozess mit eingebunden, Ressourcen können besser genutzt, Innovationen effizienter vorangetrieben und so bessere Produkte in kürzer Zeit zur Marktreife gebracht werden. Gleichzeitig ermöglichen sie es den Simulationsexpert:innen, sich auf anspruchsvollere Aufgaben zu fokussieren.

Die Verwaltungsschale als Katalysator der Industrie 4.0

„Land der Dichter und Denker“ oder „Land der Ideen“: Deutschland ist sichtlich stolz auf seine Leistungen in Wissenschaft, Literatur und Ingenieurskunst. Und auf seine akribische Bürokratie, die auf absolute Präzision einer Aussage oder Angabe abzielt. In Kombination entstehen daraus bei der Benennung technischer Begriffe oft ungelenke Wortschöpfungen. Aktuelles Beispiel hierfür ist die Verwaltungsschale. Deren innovatives Potenzial und zentrale Bedeutung für die Industrie 4.0 lassen sich anhand des Begriffs nicht direkt erschließen.

Was ist eine Verwaltungsschale?

Die Verwaltungsschale ist eine standardisierte, vollständige digitale Beschreibung eines Assets. Es handelt sich um die sehr deutsche Übersetzung des englischen Begriffs Asset Administration Shell (AAS).

Ein Asset ist im Grunde alles, was sich als Teil einer Industrie 4.0-Lösung anschließen lässt. Zum Beispiel Maschinen und Anlagen oder Produkte sowie deren einzelne Komponenten. Die AAS enthält darüber sämtliche Informationen. In einer vernetzten Industrie ermöglicht sie den Austausch und die Interaktion zwischen unterschiedlichen Assets, Systemen und Organisationen.

AAS = Metamodell

Die Verwaltungsschale ist aktuell das Schlagwort in der Digitalisierung. Wie bei vielen neuen Themen gehen die Definitionen auch hier auseinander. Häufig sind sie recht weit gefasst. Von sehr konkret, wie der AAS als Umsetzung des Digitalen Zwillings für Industrie 4.0, bis hin zur lockeren Beschreibung der AAS als „Datenstecker“ oder „Integrationsstecker“ für digitale Ökosysteme.

Ich bevorzuge die Darstellung der Verwaltungsschale als ein Metamodel zur Selbstbeschreibung eines Assets. Mit diesem Metamodell lassen sich weitere Modelle erzeugen, um Informationen gesammelt bereitzustellen. Durch den Einsatz von Software werden diese Modelle dann zum „Leben erweckt“. Über Schnittstellen können Unternehmen sie anderen Stakeholdern (zum Beispiel Lieferanten oder Partnern) zur Verfügung stellen.

Konzept und Anwendung der Verwaltungsschale

Als digitales Abbild eines Assets stellt die Verwaltungsschale durch seine Teil- bzw. Submodelle Informationen oder Funktionen zu einem bestimmten Kontext bereit. Beispiele hierfür sind unter anderem

  • digitale Typenschilder,
  • technische Dokumente,
  • die Komponenten- beziehungsweise Asset-Struktur,
  • Simulationsmodelle,
  • Zeitreihendaten oder auch
  • nachhaltigkeitsrelevante Informationen wie der CO2-Fußabruck.

Die Daten entstehen entlang der verschiedenen Phasen des gesamten Lebenszyklus. Welche Informationen zu einem Asset von Bedeutung sind, hängt vom konkreten Wertschöpfungsnetzwerk ab.

So werden Submodelle in bestimmten Lebenszyklusphasen initial erstellt, in darauffolgenden Phasen konkretisiert, ausgeprägt und im weiteren Verlauf um Informationen angereichert oder aktualisiert. Dabei bezieht sich die Verwaltungsschale mal auf eine sehr generische (Typ) oder eine sehr konkrete (Instanz) Darstellung eines Assets. So, wie sich Assets über die Zeit verändern (as-defined, as-designed, as-ordered, as-built, as-maintained), verändert sich auch die Verwaltungsschale. Daher können für ein Asset im Verlauf des Lebenszyklus mehrere Verwaltungsschalen existieren.

Wie erfolgt der Informationsaustausch?

Um die Informationen in der Verwaltungsschale im Rahmen seines Wertschöpfungsnetzes zu nutzen, müssen diese zugänglich sein. Der Zugriff erfolgt meist über das Internet beziehungsweise über die Cloud (Repository-gehaltene AAS). Bei intelligenten Systemen kann die Verwaltungsschale auch Teil des Assets selbst sein (Asset-gehaltene AAS).

Der Informationsaustausch erfolgt auf verschiedenen Wegen:

  • Über Dateien, sogenannte AASX-Files (AAS Typ 1).
  • Über eine Server-Client-Interaktion, zum Beispiel via RestAPI (AAS Typ 2).
  • Mittels Peer-to-Peer-Interaktion (AAS Typ 3). Dabei bauen Verwaltungsschalen unter Anwendung der sogenannten I4.0-Sprache eigenständig Kontakt zueinander auf. Dies ermöglicht es, Aufgaben kooperativ durchzuführen.

Herstellerübergreifende Standards verbinden

Für welche Art der Verwaltungsschale man sich auch entscheidet: Wichtig ist, dass Empfänger und Bereitsteller dieselbe Sprache sprechen. Dafür muss der Austausch konkreter Informationsinhalte standardisiert sein. In Anbetracht der Menge an Branchen, Szenarien, Assets und Funktionen sind das immens viele Teilmodelle, die es zu standardisieren gilt.

Organisationen und Vereine wie die Industrial Digital Twin Association (IDTA), bestehend aus Forschungsinstituten, Industrieunternehmen und Software-Anbietern, nehmen sich dieser Mammutaufgabe an. Die rasant wachsenden Mitgliederzahlen sowie der rege Austausch auf Messen und Fachtagungen verdeutlichen den hohen Stellenwert für die Industrie. Hierbei gilt es, kleine und mittelständische Unternehmen nicht abzuhängen, sondern bestmöglich in die Standardisierungsarbeit einzubinden.

Wir treiben das Konzept der Verwaltungsschale voran

Die Verwaltungsschale ist Dreh- und Angelpunkt für erfolgreiche Industrie 4.0-Szenarien. Sie ermöglicht herstellerunabhängige Interoperabilität und vereinfacht die Integration aller Arten von Assets zu einem kollaborativen Wertschöpfungsnetzwerk. Sie steigert durch eine lückenlose Transparenz des Echtzeit-Zustands jedes Assets die Effizienz innerhalb der Produktionsprozesse. Und sie bietet darüber hinaus ein umfassendes Sicherheitskonzept zum Schutz der Daten.

Innerhalb kürzester Zeit hat sich die Verwaltungsschale damit von einem theoretischen Konstrukt zu einer realen Praxisanwendung gewandelt. Gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie arbeiten wir als Mitglied der IDTA und im Rahmen der Forschungsprojekte ESCOM und Flex4Res daran, die Technologie in der industriellen Breite nutzbar zu machen.

Anwendungsfall kennenlernen

In CONTACT Elements for IoT können Sie Verwaltungsschalen Ihrer Assets anlegen, verwalten und teilen. Wie Unternehmen davon profitieren, lesen Sie in unserem Blogbeitrag „Die Verwaltungsschale in der Praxis“.