Offene Systeme: Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?

Für alle produzierenden Unternehmen werden die Potenziale zur Verringerung der Kosten kleiner. Um marktfähig bleiben und wachsen zu können, sind Innovationen der wirksamste Hebel. Deswegen entwickeln Unternehmen Strategien, um ihre Fähigkeit zur Innovation zu verbessern. PLM (die Strategie! – nicht “das PLM-System” …) kann dabei eine Schlüsselrolle spielen.

Wie und womit findet Innovation eigentlich statt? Selbstverständlich in den Köpfen von Menschen – das ist eine Frage von Talent, Motivation und Ausbildung – insbesondere aber dadurch, dass Menschen zusammen arbeiten: weltweit und unternehmensübergreifend, aber zuerst einmal innerhalb des Unternehmens. Erst zuletzt spielen die dabei eingesetzten Werkzeuge und Systeme eine Rolle. Eine Binsenweisheit, doch es scheint immer wieder notwendig, die Dinge vom Kopf auf die Füße zu stellen: Vielzitiert sind die »100% der Automobilhersteller«, die angeben, ihre PLM-Strategie sei durch die Software-Anbieter bestimmt (Abramovici, M.; Schulte, S.: PLM – Wege aus der Strategiekrise in der Automobilindustrie, In: eDM-Report – Data-Management-Magazin 1/2005, Dressler Verlag e.K., Heidelberg 2005). Man kann nur hoffen, dass sich dieses Bild seit 2005 gewandelt hat.

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Einflussgrößen auf die unternehmensweite PLM-Strategie
Quelle: “Benefits of PLM” (ITM/IBM)

Prozesse und Strategien werden durch proprietäre Systemwelten, zum Beispiel in Form von CAD-Datenformaten, dominiert, die die eigentlichen Ziele der Anwender in den Hintergrund drängen. Hier haben manche Anbieter, auch in kleineren Zusammenhängen als der Automobilindustrie, noch einiges an Offenheit zu erlernen. Bis dahin liegt der schwarze Peter bei den Anwendern und man hilft sich mit einer eigentlichen nicht gewünschten Standardisierung der Werkzeugen, oder muss mit unzulänglichen Konvertierungen und Qualitätsverlusten leben. Auch die Herausforderungen der interdisziplinären Zusammenarbeit bestehen weiter: Während innerhalb von Mechanik, Elektrik, Elektronik und Software sowie in den jeweiligen Fachbereichen der Unternehmen große Produktivitätsfortschritte durch die Werkzeugunterstützung erzielt werden, gibt es nach wie vor erhebliche Schwierigkeiten, den Informationsfluss in einem gemeinsamen Produktentstehungsprozess zu organisieren.

Die Antwort auf diese Fragen kann nicht lauten, dann eben eine komplette Systemwelt aus einer Hand zu kaufen: zwar besteht die Hoffnung, dass alles technische zusammenpasst, aber natürlich passen nicht zwangsläufig alle Komponenten der jeweiligen Systemwelt zu den Anforderungen, die aus den Prozessen des jeweiligen Unternehmens resultieren. Gefragt sind offene Standards, Systeme und Geschäftsmodelle, die die Umsetzung einer Best-In-Class-PLM-Strategie ermöglichen, die zum Unternehmen passt.

Dabei kann ein werkzeugneutrales Produktdaten-Management-System der zentrale Baustein einer solchen Best-In-Class-PLM-Strategie sein: das Management der Produktdaten, insbesondere die Organisation der Prozesse zur Absicherung der Gültigkeit, gehören zu den unverzichtbaren Kernaufgaben. Als das übergreifende Modellierungssystem für Produktdaten, beginnend bei der Initiierung von Entwicklungsvorhaben, der Aufnahme von Anforderungen bis zur Organisation der Produktstruktur und der Einordnung der entstehenden CAx-Daten, ist PDM das zentrale Rückgrat der Produktentwicklung und verringert die Abhängigkeiten von einzelnen Werkzeugen. Interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert eine neutrale Informationsplattform, die Prozesse und Daten aus MCAD, ECAD, Simulation etc. harmonisiert.

Unternehmen, deren Erfolgsstrategie Wachstum und Innovation beinhaltet, müssen heute und in Zukunft den Blick verstärkt auf ihr Produktportfolio richten, ihre Methoden und Prozesse für die Produktentwicklung weiterentwickeln, und mit Hilfe der für sie richtigen Mischung aus PDM-Lösung und Aufgaben-angemessenen Werkzeugen eine eigene PLM-Strategie finden und implementieren.

Hello World!

Liebe Leser,

mit diesem Editorial eröffnen wir – Mitarbeiter der CONTACT Software GmbH – unseren PLM Web-Log. CONTACT bezeichnet sich gerne als einen der führenden Anbieter von Lösungen für PDM, PLM und die Zusammenarbeit in der Produktentwicklung. Mit diesem Blog wollen wir allerdings keine Werbung für unsere Produkte machen, denn das Thema PLM ist auch so spannend genug. Mit dem Startbeitrag will ich ohne Anspruch auch auf nur annähernde Vollständigkeit umreißen, worum es beim Thema PLM gehen könnte.

Das führt gleich zur Frage, was PLM ist? Klar, kein IT-System, sondern Aufgabe, die Entwicklung der eigenen Produkte von der Wiege bis zur Bahre im Sinne der Unternehmensziele zu gestalten. Produktentwicklung ist etwas Besonderes, weil sie Kreativität verlangt. Es geht eben um besondere Produkte: Unikate etwa im Anlagenbau abgestimmt auf die Anforderungen des Auftraggebers, oder Serienprodukte mit einzigartigen Eigenschaften, denen die Kunden vor dem Wettbewerb den Vorzug geben.

Auf der anderen Seite spielen Effizienz, Effektivität und Systematik in der Produktentwicklung eine große Rolle. Innovative und attraktive Produkte, bei denen die Kosten nicht stimmen, Entwicklungsprojekt, die wegen Reibungsverlusten den SOP verzögern oder undurchsichtige Prozesse, die sich nicht zertifizieren lassen, gefährden die Früchte, die ein Unternehmen ernten will. Kreativität und Systematik sind deshalb in der Produktentwicklung zwei Seiten derselben Medaille, und  “Managed Creativity”  ist die Essenz jeder PLM-Initiative.

PLM ist als Begriff nicht mehr so ganz taufrisch (weiß jemand, wer den Begriff wann genau geprägt hat?), hat aber nichts an Aktualität verloren. Welches Unternehmen würde von sich behaupten, PLM entsprechend dem Capability Maturity Model den Level 5 und damit den schwarzen PLM-Gürtel erreicht zu haben? Ich lehne mich aus dem Fenster und behaupte: eigentlich steht die ganze Branche erst am Anfang, wenn man sich z.B. anschaut, wie die unterschiedlichen Disziplinen, die an einem Produkt arbeiten, zusammenarbeiten (können). Das sind heute immer weniger nur Mechaniker, sondern mehr und mehr auch Elektroniker, Elektrotechniker und Softwareentwickler. Die Möglichkeiten, anhand gemeinsamer Begriffe, Modelle und Vorgehensweisen, Daten und  Dokumenten zusammenzuarbeiten, stehen dabei im Vordergrund. Menschen und ihre organisierte Arbeitsteilung und Zusammenarbeit sind dabei – neben Tools und Systemen  – entscheidend. Der Dreiklang Mensch, Organisation und Technik macht in Verbindung mit dem Anspruch, der hinter Managed Creativity steckt, PLM zu einem der spannendsten Themen überhaupt!

Der Begriff Lifecycle deutet es an: bei PLM geht es auch um zahlreiche besondere Aufgaben, von der Produktplanung bis zur Wartung und  Instandhaltung. Daran sind also viele Spezialisten beteiligt, die besondere Werkzeuge benötigen.  Die können dabei unmöglich aus einer Hand kommen und in einem einzigen System verbunden werden. Die PLM-Systemfrage ist deshalb auch immer damit verbunden,  wie man das Zusammenspiel der IT-Komponenten gestaltet. Welche Rolle spielen heute und in  Zukunft Standards, Offene Schnittstellen, Open Source, SOA, Mash-Ups, das Web und Cloud Computing?

PLM ist ein weites Feld und bietet – immer noch und mehr denn je – Raum für Diskussion, die geführt werden sollten. Hier wollen wir uns einmischen. Unser Hintergrund passt da ganz gut: Die Kollegen aus dem CONTACT Blogger-Team bringen reichlich Erfahrung aus der Praxis mit. Ansonsten greifen wir auch gerne auf die Meinungen andere zurück und wählen für den PLM-Blog Beiträge aus der internationalen Szene wie z.B. von Oleg Shilovitsky und seinem Blog beyondplm.com aus. Am meisten freuen wir uns aber auf Ihre Kommentare …!

Was ist Ihre Meinung? Wo steht PLM in den Unternehmen heute? Was sind die wichtigen Themen? Wo geht die Reise hin?

In diesem Sinne: Comments welcome!