Daneben geschossen – Ziele in Entwicklungsprojekten

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In der aktuellen Ausgabe der „Projektmanagement aktuell“, herausgegeben von der Gesellschaft für Projektmanagement findet sich eine sehr lesenswerter Artikel zu den Hintergründen aktueller Großprojekte, die in drastische Schieflage geraten sind. Natürlich geht es dabei um den Berliner Flughafen und die Elbphilharmonie. Interessant ist, welche Bedeutung dabei zum einen Technische  Änderungen einnehmen, und zum anderen klare bzw. weniger klare Zielvorgaben als Teil des Projektauftrags. Lesen Sie hier die Bewertung von Rainer Schofer, Vorsitzender des Verbands der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft.

Interessant ist auch der Zusammenhang mit Entwicklungsprojekten in „unserer“ Domäne. Nach der reinen Lehre werden Gebäude ja gebaut, nachdem der Plan – die Blaupause  – entwickelt wurde. Schließlich ist dieser die Grundlage für alle Arten von Bau- und Betriebsgenehmigungen. Wie die Beispiele zeigen, kann die Realität ganz anders aussehen. Ohne bewährte Steuerungsverfahren, wie sie z.B. die Automobilindustrie kennt, kommt man dann nicht da an, wo man eigentlich hin will.

Schofer dazu: „Der Projektmanager analysiert gewünschte Änderungen sorgfältig hinsichtlich der Technik, des Budgets und des Zeitplans; er gibt Änderungen erst frei, wenn wirklich alles abgestimmt ist.“  Und zu den Zielen sagt Schofer: „… man muss die Ziele genau ermitteln. Also nicht nur den Bau eines Flughafens als Ziel vorgeben, sondern das Ziel präzisieren und auffächern.“

Verbindliche Anforderungen, Quality Gates und Deliverables könnten da helfen! Und im Falle von Änderungen ein transparentes  Engineering Change Management, angestoßen durch Change Request. Solche Bauwerke sind zuallererst und immer noch Produkte von professionellen Ingenieuren und es sollten dann auch deren Methoden und Verfahren  eingesetzt werden. Wie man auf etwas anderes kommen kann, ist schon erstaunlich, vor allem wenn man den Artikel gelesen hat. Meine Meinung.

PLM – ein Werkzeug für den Werkzeugbau?

Dass Unternehmen neben ihren Produktdaten auch ihre Werkzeugdaten, NC-Programme, Arbeitspläne und andere fertigungsrelevante Unterlagen mit einer zentralen PLM-Lösung verwalten, damit die Mitarbeiter an anderen Produktionsstandorten auf diese Informationen zugreifen können, sieht man nicht oft. Ich habe eine diese Raritäten neulich in der Hinterpfalz entdeckt. Die Werkzeugbauer des betreffenden Unternehmens waren sogar treibende Kraft bei der PLM-Einführung, wenngleich sie das Projekt nicht ohne Unterstützung der Produktentwicklung und IT hätten durchsetzen können.

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Mit freundlicher Genehmigung von Grant Cochrane auf FreeDigitalPhotos.net

Als ich den Systemadministrator im Werkzeugbau nach dem Funktionsumfang des Produktdatenmanagements fragte, korrigierte er mich höflich aber (pfälzisch) bestimmt: Wir reden bei uns nicht von PDM, sondern lieber von PLM, weil wir mit der Lösung die Prozesse über den gesamten Lifecycle der Werkzeuge unterstützen wollen. Er hatte völlig Recht: Bei der Firma können zum Beispiel auch die Mitarbeiter, die sich in den Werken um die Wartung der Werkzeuge kümmern, über Viewer auf die für sie relevanten Informationen zugreifen. Künftig sollen sie sogar per Mark-up auf den Dokumenten vermerken, was sie am Werkzeug geändert haben, damit die Konstrukteure das bei neuen Projekten berücksichtigt können.

Ich war erstaunt, dass Mitarbeiter im Werkzeugbau eines (zugegebenermaßen größeren) mittelständischen Unternehmens eine so klare Vorstellung davon haben, was PLM für ihre Organisation an Vorteilen bedeutet. Allerdings war sich der Leiter der Abteilung auch der Herausforderung bewusst, die der PLM-Einsatz für seine Mitarbeiter bedeutet. Um die Akzeptanz dauerhaft sicher zu stellen, müsse man die Anwender abholen und auf dem Weg begleiten, damit sie die Technologie verinnerlichten, wofür eigentlich mehr Personal erforderlich sei, meinte er.

Die größte Hürde für eine konsequente Nutzung der PLM-Technologie im Werkzeugbau des Unternehmens ist jedoch eine andere: Das Outsourcing. Die Unternehmensleitung hat vorgegeben, dass mehr als die Hälfte der Werkzeuge aus Kosten- und Kapazitätsgründen extern konstruiert und gefertigt wird. Die Lieferanten setzen jedoch nicht notwendigerweise das gleiche CAD/CAM-System ein wie die hauseigenen Werkzeugbauer, wenn sie die Werkzeuge überhaupt schon durchgängig in 3D modellieren. Dadurch ist der Import der fremden Werkzeugdaten ist mit einem Riesenaufwand verbunden – stücklistenrelevanten Informationen müssen praktisch von Hand eingegeben werden. Eigentlich bräuchte man einen portablen PLM-Client oder eine Art PLM-Portal, damit die Zulieferer ihre (Meta-)Daten selbst einpflegen können, aber dafür fehlt dem Unternehmen die IT-Infrastruktur.

Der PLM-Einsatz soll bei der Firma die Durchlaufzeiten verkürzen – auch im Werkzeugbau. Das wird man wohl erreichen, auch wenn ein Teil der Zeiteinsparungen durch die mangelnde Integration der Zuliefererdaten wieder aufgezehrt wird. Ihre uneinheitliche Qualität erschwert zudem das Lifecycle-Management der Werkzeuge, die im Laufe der (relativ langen) Produktlebenszyklen immer wieder repariert und überholt werden, und verursacht im späteren Werkzeugleben höhere Kosten. Das aber interessiert normalerweise den Einkauf nicht, da die Betriebskosten auf einer anderen Kostenstelle verbucht werden als die Anschaffung. Hier ist also die Unternehmensleitung gefordert, unter dem Gesichtspunkt der Total Cost of Ownership klare Vorgaben für die Zusammenarbeit mit Lieferanten zu machen.

Soziale Netze und Big Data – ein PLM-Thema?

Viele Menschen nehmen fälschlicherweise an, im Internet sei alles gratis. Richtig ist, dass bezahlte Inhalte rar sind, weil kaum jemand bereit ist, für Informationen aus der Cloud zu zahlen. Stattdessen zahlen wir lieber mit Informationen über unsere Person, unsere Vorlieben und Interessen, unser Kaufverhalten etc, die wir bereitwillig auf Facebook & Co. posten, oft ohne uns bewusst zu sein, wie teuer uns das möglicherweise irgendwann mal zu stehen kommt. Dass die Suchbegriffe, die wir in Google eingeben, systematisch für Werbezwecke ausgewertet werden, ist nur die Spitze des Eisberges dessen, was mit “unseren” Daten so alles getrieben wird. In Ermangelung international einheitlicher Datenschutzbestimmungen ist der einzige Schutz, der uns bleibt, die schiere Menge an entstehenden Daten.

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Die Sozialen Netze leisten einen maßgeblichen Beitrag dazu, dass sich die Datenmenge seit dem Urknall des Internets mit der Geschwindigkeit des Universums ausbreitet. Das meiste davon ist Abraum, aber die Unternehmen haben den gigantischen Datenberg als Goldmine entdeckt. Big Data – die Auswertung von Unmengen an unstrukturierten Daten, um ein paar Goldkörnchen Information zu entdecken – ist eine der großen Herausforderungen für die IT-Organisation, wie Dr. Ralf Brunken, stellvertretender IT-Leiter des Vokswagen-Konzerns, neulich auf dem ProSTEP iViP-Symposium in Hannover sagt. Interessanterweise nannte er dabei Big Data in einem Atemzug mit Social Media. Mit Hilfe von Social Analytics-Verfahren will der Automobilbauer seine Kunden besser verstehen und mehr über ihre Wünsche in Erfahrung bringen.

Aus Sicherheitsgründen findet die Auswertung der Daten aus den Sozialen Netzen vor den Feuerschutztüren des Firmennetzes statt.  Die firmeninterne Nutzung von  Social Media-Plattformen mit dem Ziel, die Mitarbeiter über bestimmte Themen zu vernetzen, spielt bei Volkswagen noch eine untergeordnete Rolle. Dennoch stellt sich damit über kurz oder lang die Frage, was mit der wachsenden Menge an unstrukturierten Daten im Unternehmen geschehen soll, die Firmeninternas, schützenswertes Know-how und möglicherweise sogar Informationen enthalten können, die aus produkthaftungsrechtlichen Gründen aufbewahrt werden müssen. Prof. Rainer Stark vom Fraunhofer IPK Berlin brachte es auf dem Symposium in einem etwas anderen Zusammenhang auf den Punkt: Die PDM/PLM-Lösungen der Zukunft werden auch unstrukturierte Daten managen (müssen).

Eine andere Frage ist, wie die Anwender in den Unternehmen mit der Informationsflut und vor allem mit der wachsenden Zahl an Kommunikationskanälen umgehen. Die heranwachsende Generation der Digital Natives ist sicher mehrkanalfähig – meine neunjährige Tochter schaffte es neulich, gleichzeitig mit (meinem) iPad, Notebook und PSP herumzuspielen und nebenbei noch die Simpsons im Fernsehen zu verfolgen. Wir älteren Semester sind mit den vielen Kanälen leicht überfordert. Neulich suchte ich verzweifelt in meinen Emails, dann in den Facebook-, LinkedIn-, SMS- und WhatsApp-Benachrichtigungen nach einer Adresse, von der ich sicher wusste, dass ich sie erhalten hatte. Ich fand sie schließlich in den aufgezeichneten Chats in Sykpe.

Je mehr Kommunikationskanäle wir nutzen, desto länger suchen wir nach Informationen und desto größer die Gefahr, wichtige Informationen zu übersehen. Natürlich ist es möglich, die Informationen visuell in einem Dashboard oder Cockpit zusammenzuführen; dafür gibt es heute schon Lösungen. Die eigentliche Herausforderung besteht jedoch darin, mit Hilfe intelligenter Algorithmen Zusammenhänge zwischen zusammen gehörigen Informationen aufzuspüren, ohne die Strukturen explizit herstellen zu müssen. Da sind auch die PLM-Hersteller gefordert, wenn sie künftig großen Mengen an unstrukturierte Daten mit ihren Informationsmodellen verknüpfen wollen.