Mit der Digitalisierungsroadmap zum ganzheitlich digitalen Unternehmen

Die Digitalisierung von Unternehmensprozessen hat in den letzten Jahren bemerkenswerte Aufmerksamkeit erfahren. Zum einen legte die Corona-Pandemie digitale Defizite schonungslos offen, zum anderen sind Unternehmen in Anbetracht des politischen, gesellschaftlichen und ökologischen Wandels mehr denn je gefordert, agiler und nachhaltiger zu handeln. Motivation ist also ausreichend vorhanden und die Fortschritte in der Digitalisierung werden mehr und mehr sichtbar. Die Umsetzung erfolgt dabei jedoch meist weniger anhand einer Digitalisierungsroadmap, die die Meilensteine und Wegpunkte bis zum Ziel aufzeigt, sondern eher nach der sprichwörtlichen Salamitaktik.

Häppchenweise Digitalisierung birgt Risiken

Wenn ich mit Vertretern mittelständischer Unternehmen über das Thema Digitalisierung spreche, lautet die Antwort häufig: Ja, das machen wir laufend! Als Beispiele folgen dann unter anderem Maßnahmen wie die Erstellung von Policies zur unternehmensweit stärkeren Nutzung der Features von Office-Software, die Einführung eines Tickesytstems oder die Nutzung eines Requirements Management Tools in der Produktentwicklung.

Dies spiegelt die weit verbreitete Praxis wider, Digitalisierungsprojekte bereichs- oder abteilungsweise, bezogen auf einzelne Aufgabenstellungen oder Teilprozesse durchzuführen. Es scheint auf den ersten Blick oft attraktiv, Projekte aus Bereichs- oder Standortsicht zu planen und umzusetzen, denn der Abstimmungsaufwand ist geringer und bereichsspezifische Lösungen können vermeintlich schnell umgesetzt werden.

Grundsätzlich ist die Durchführung anspruchsvoller Projekte in überschaubaren Schritten eine sinnvolle Vorgehensweise. Schnell Nutzen zu erzeugen und Digitalisierungsfortschritte kontinuierlich sichtbar zu machen, ebenfalls. Allerdings birgt das fragmentierte Vorgehen auch Risiken: Dann nämlich, wenn das Zielbild der Digitalisierung unklar und der Weg dorthin nicht ausreichend beschrieben ist. Hier besteht die realistische Gefahr, wesentliche Ziele von Digitalisierungsprojekten nicht zu erreichen. Wie zum Beispiel die Potenziale neuer, digitaler Geschäftsmodelle nicht auszuschöpfen und damit die digitale Transformation des Unternehmens nicht voranzutreiben. Oder die unternehmensweiten und unternehmensübergreifenden Datenschätze nicht zu nutzen, wenn der Fokus nur auf lokalen Optimierungen liegt.

Die Vorteile einer Digitalisierungsroadmap

Um es vorwegzunehmen: Mit einer Roadmap zur Digitalisierung können Unternehmen die oben genannten Risiken mit wenig Aufwand minimieren. Sie bietet eine verlässliche, mittelfristige Guideline für alle Digitalisierungsaktivitäten im Unternehmen, ausgerichtet auf ein klares Zielbild. Mit ihren unterschiedlichen Perspektiven auf das Thema Digitalisierung adressiert sie sowohl die Fachabteilungen, die IT als auch das Management. Dabei sollte die Digitalisierungs-Roadmap einige wesentliche Informationen beinhalten:

  1. Welchen Digitalisierungsgrad hat das Unternehmen?
    Die Basis der Digitalisierungsroadmap bildet die Bestandsaufnahme des aktuellen Digitalisierungsgrades im Unternehmen. Dazu werden die bereits bestehenden Zielbilder, Anforderungen und Aktivitäten in den unterschiedlichen Unternehmensbereichen und -hierarchien gesichtet. Gängige Reifegradmodelle helfen, den Digitalisierungsgrad des Unternehmens einzuschätzen.
  2. Was ist das Zielbild?
    Steht das Status quo fest, kann ein klares, abgestimmtes Zielbild der Digitalisierung entworfen werden. Das Zielbild enthält einen Überblick über die zukünftigen digital durchgängigen Geschäftsprozesse sowie die zukünftige Applikationsarchitektur und die notwendigen Informationsservices.
  3. Welche Teilschritte sind nötig?
    Ist das Ziel klar geht es darum, die dafür notwendigen Teilprojekte zu definieren und zu beschreiben. Um die Teilprojekte sinnvoll zu priorisieren, werden die benötigten internen und externen Ressourcen sowie die möglichen Projektrisiken abgeschätzt. Mit den zuvor gewonnenen Informationen aus der Bestandsaufnahme wird zudem das Nutzen- und Geschäftspotenzial der einzelnen Digitalisierungs-Teilprojekte hochgerechnet. Damit ist die Berechnung von Business Cases der geplanten Projekte möglich.

    Projektteam und Management sind so in der Lage, über die Teilprojekte und ihre Priorisierung nach objektiven Kosten-/Nutzenkriterien, Ressourcenverfügbarkeit und anderen unternehmens-spezifischen Parametern zu entscheiden. So werden die heutigen Digitalisierungshäppchen zu definierten, bewerteten Teilprojekten innerhalb eines übergreifenden Kontexts.
  4. Wie sieht der Business Case aus?
    Der hohe Konkretisierungsgrad der Digitalisierungsaktivitäten, speziell des aussagekräftigen Business Cases, schafft eine wesentliche Voraussetzung für eine belastbare Finanzierung der Digitalisierungsprojekte. So bieten zum Beispiel spezielle IT-Projektfinanzierer ein flexibles Aufstockungsleasing an, das die Leasingraten an den zu erwartenden Nutzenaufwuchs anpasst. Oder auch die Finanzierung der internen Personalressourcen. Mit solchen Finanzierungsmodellen gelingt die Digitalisierung dann sogar ohne Einschränkungen der Liquidität.

Fazit

In der Vergangenheit wurden häufig nur einzelne Vorhaben gestartet. Aktuell nutzen jedoch immer mehr unserer Kunden die Vorteile der strategischen Planung mit Digitalisierungsroadmaps. Sie bieten mit wenig Aufwand eine verlässliche Orientierung für die Digitale Transformation mit einem klaren Zielbild, konkretem Business Case und alternativen Finanzierungsmöglichkeiten.

Kontext ist King – virtuelle Zusammenarbeit in der Produktentwicklung

Die vergangenen zwei Monate haben dem Thema virtuelle Zusammenarbeit einen enormen Schub verliehen. Die Corona Krise hat flächendeckend jeden dazu gezwungen, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzten. Und das Fazit ist durchgängig positiv!

In den ersten Wochen galt es, zunächst einmal die Möglichkeiten für eine virtuelle Zusammenarbeit zu schaffen. Jetzt geht es darum, die Potenziale dieser Möglichkeiten nach der Rückkehr in die „Normalität“ weiter zu nutzen. Mehr noch: Viele Unternehmen nehmen die gesammelten Erfahrungen zum Anlass, ihre Aufbau- und Ablauforganisation neu zu überdenken und Geschäftsprozesse weiter zu digitalisieren.

Sonderfall Produktentwicklung

Während gängige Office-Lösungen in Kombination mit Videokonferenzen in Bereichen wie Administration, Marketing oder Vertrieb einfach zu nutzen sind, stoßen sie in der Produktentwicklung oft an ihre Grenzen. Ein Grund dafür ist, unter anderem, die hohe Interdisziplinarität in diesem Bereich. Viele verschiedene Fachteams müssen zeitgleich und in mehreren Projekten zusammenarbeiten. Hinzu kommt die hohe Komplexität der Arbeitsgegenstände, die oftmals als Strukturen ausgeprägt sind und vielfältige Relationen untereinander haben. Um unter diesen Rahmenbedingungen produktiv virtuell zusammenzuarbeiten, reichen die Möglichkeiten der üblichen IT-Tools nicht aus.

Neue Anforderungen an IT-Werkzeuge

Abhilfe schaffen hier intelligente Plattformlösungen für kollaboratives Product Lifecycle Management (PLM), die es ermöglichen kontextbezogen interdisziplinär zu arbeiten. Kontextbezogen heißt, dass alle Arbeitsgegenstände miteinander verlinkt und zu jeder Zeit im Arbeitsprozess und aus jedem Zusammenhang aufrufbar sind. Analysten wie Gartner sprechen hier von Content Collaboration Tools. So kann von einem Arbeitsgegenstand ohne Suchen und Nachfragen zu allen benachbarten Arbeitsgegenständen navigiert werden. Das garantiert gerade bei verteilten Teams ein effizientes und geltungssicheres Zusammenarbeiten.

Intelligente Plattformlösungen bieten noch einen weiteren Vorteil in der Zusammenarbeit: Eine gemeinsame Umgebung in der sich alle Projektbeteiligten informieren und Änderungen direkt einsehen können. Dabei unterstützen teamübergreifende Chat-Funktionen, sogenannte Activity Streams, den konsistenten Austausch über den aktuellen Stand der Dinge. Das garantiert gerade in der virtuellen Zusammenarbeit einen kontinuierlichen Informationsfluss, der in den meisten Fällen den fehlenden „Flurfunk“ oder das Treffen an der Kaffeemaschine mehr als kompensiert. Auch hierfür hat Gartner einen Begriff parat, den der Workstream Collaboration.

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil intelligenter Plattformlösungen ist die Verwendung von integrierten Taskboards, mit denen Entwicklerteams eigenverantwortlich ihre Aufgaben organisieren. In der Vergangenheit nutzte man oft Aufgabenlisten mit mehreren hundert Einträgen. Heute ermöglichen Taskboards nur wichtige Meilensteine oder Quality Gates vorzugeben, die einzelnen Aufgaben innerhalb der Meilensteine jedoch den Teams eigenverantwortlich zu überlassen. Damit kann ein interdisziplinäres, verteiltes Team in virtuellen Sessions z.B. per ZOOM, eine gemeinsame Wochenplanung am Bildschirm durchführen.

Der wesentliche Vorteil integrierter Taskboards liegt in der direkten Verlinkung von Aufgabenkarten auf den Boards mit den Arbeitsgegenständen. Das vermeidet neben der zeitraubenden Suche nach den passenden Arbeitsobjekten, auch Fehler- und Versionsrisiken. Diese Mehraufwände und Risiken treten in der Regel bei zugekauften Einzellösungen auf.

Fazit:

Die Corona Krise hat den Boden bereitet, um ab jetzt den Umfang der virtuellen Zusammenarbeit – auch in der Produktentwicklung – kontinuierlich auszubauen. Die Produktentwicklung stellt für eine effiziente virtuelle Zusammenarbeit spezielle Anforderungen an IT-Tools. Insbesondere das Arbeiten im Kontext ist hierbei ein entscheidender Produktivitätsfaktor. Ausgewählte intelligente Plattformlösungen für kollaboratives PLM erfüllen diese Anforderungen schon heute.

20 Jahre PLM: Warum zweifeln Viele noch immer am Nutzen?

Mittlerweile blicke ich auf einige Jahre Beratung für Product Lifecycle Management zurück. Ein Thema, dessen Popularität im Laufe der Jahre deutlich schwankte und aktuell im Gefolge der Digitalen Transformation wieder stark im Aufwind ist.

Trotz der wieder steigenden Aufmerksamkeit für PLM bemerke ich, dass dem Begriff unverändert die Geschmacksnoten groß, schwerfällig, langwierig, unwirtschaftlich anhaften. Erstaunlich, denn der Aufwand, den viele Unternehmen beispielsweise in ERP-Projekte stecken, war und ist in den meisten Fällen deutlich höher. Dennoch werden Notwendigkeit und Nutzen von – teuren – ERP-Projekten zwar diskutiert, aber nur selten in Frage gestellt, siehe etwa Haribo und Lidl.

Wie kommt es zu dieser unterschiedlichen Wahrnehmung? Eine Erklärung könnte sein, dass sich der Nutzen von PLM für Management und Mitarbeiter in den Unternehmen über Jahre nicht ausreichend erschlossen hat. Das lag vor allem daran, dass Reichweite und Sichtbarkeit der PLM-Projekte in den Unternehmen oft sehr eingeschränkt war.

Ein genauer Blick zeigt, dass viele der früheren PLM-Einführungen in Wahrheit eher PDM-Einführungen waren. PDM, Produktdaten Management, konzentriert sich auf produktbeschreibende Daten, also in erster Linie CAD-Modelle und Zeichnungen. Damit beschränkte sich der „PLM“-Einsatz eher nur auf die Kernbereiche der Produktentwicklung, sehr oft sogar ausschließlich auf die Mechanik-Konstruktion. Obwohl meist schon seit Jahren in einigen PLM-Lösungen verfügbar, wurden z.B. Änderungsmanagement, Dokumentenmanagement, Projektmanagement, abteilungsübergreifende Zusammenarbeit oder die Kommunikation mit Externen nicht genutzt. Stattdessen wurden oft vermeintlich „günstige“ Lösungen auf Basis von Excel, Outlook, dem Dateisystem oder Sharepoint in Eigenregie erstellt. Werkzeuge, die jeder im Unternehmen kennt. Und für die sich meist schnell jemand findet, der diese Tools per Makroprogrammierung „optimiert“. Geschürt wurde die ablehnende Haltung gegenüber PLM dabei sicher auch durch die überfrachteten, hochverdichten „Ingenieurs-Benutzeroberflächen“ der 1. und 2. PLM-Produktgeneration.

Da überrascht es nicht, dass PLM im Unternehmen als teure, wenig Nutzen stiftende und exotische Anwendung gesehen wurde.

In der aktuellen PLM-Renaissance haben die Unternehmen jetzt alle Chancen, aus den Defiziten der Vergangenheit zu lernen und die mittlerweile beeindruckenden Potenziale des Product Lifecycle Managements zu nutzen. Viele veraltete und abgekündigte PDM- und PLM-Lösungen werden aktuell oder demnächst gegen moderne PLM-Plattformen der 3. Generation ausgetauscht, die zudem auch die Anwendungsfälle rund um den Digitalen Zwilling und im Internet der Dinge unterstützen. Sie füllen die PLM-Idee mit Leben, indem sie die Prozesse über die Phasen, Fachbereiche und Unternehmensgrenzen hinweg effektiv und effizient begleiten. Dabei erhöhen neue, webbasierte HTML-5 Benutzeroberflächen die Akzeptanz bei allen Benutzergruppen im Unternehmen deutlich, indem sie auch komplexe Zusammenhänge übersichtlicher und im Handling performanter machen.

Jetzt besteht die Chance, „echtes“ Product Lifecycle Management zu verwirklichen! Vor dem Hintergrund neuer, digitaler Geschäftsmodelle, die die Nutzungsphase von Produkten viel stärker in den Vordergrund rücken, wird dies umso wichtiger. PLM-Lösungen fällt hier eine zentrale Bedeutung zu, denn sie legen den Grundstein für die Daten rund um den Digitalen Zwilling.

Aber am Ende zählen auch harte Fakten, wenn es um den Nutzen und RoI geht: Wird PLM tatsächlich mit all seinen Möglichkeiten unternehmensweit genutzt, ergeben sich schnell hohe Skaleneffekte durch die deutliche Minimierung von nicht-wertschöpfenden Tätigkeiten. Dies allein ermöglicht oft schon einen Return on Investment nach gut einem Jahr. Unbenommen der zusätzlichen Umsatzpotenziale aus neuen, datengetriebenen Geschäftsmodellen, die PLM zukünftig ermöglichen wird.