Nachhaltig kommunizieren statt talk and forget

Heute hatte ich eine Aufgabe zu erledigen, die wegen anderer dringlicher Themen zu lange liegen geblieben war. Das Team drängte mich, meinen Part endlich abzuschließen, um die Implementierung einer Funktion in der Software fertigzustellen. Die dafür zu klärende Logik war nicht ganz einfach und ich hatte Mühe, mich wieder hineinzudenken. Meine Aufgabenkarte auf dem Task Board war nur unkonkret formuliert und meine Erinnerung an das zugrundeliegende Meeting bereits verblasst. Also begann ich zu recherchieren und fand eine E-Mail, die mir wieder auf die Sprünge half.

Informationsverluste durch zu viele Kommunikationskanäle

Die gute alte E-Mail also. Dabei stehen mir doch deutlich modernere Kommunikationskanäle zur Verfügung. Nicht erst seit Corona bin ich es gewohnt, fast nur noch remote mit dem Team zusammenzuarbeiten, da wir über ganz Deutschland verteilt sind. Das funktioniert in unserem Fall auch ganz hervorragend, mit Hilfe von agilen Ritualen wie dem Daily Standup Meeting und Kommunikation über Video-Conferencing und Chat. Gelingende Kommunikation ist bekanntlich einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für ein gelingendes Projekt.

Bequem ist außerdem, dass man in Online-Meetings direkt Notizen erfassen oder Dokumente ablegen kann. Der Haken an der Sache: Am Ende stehen oft auch Beschlüsse und Fachliches im Chat. Meine gesuchte Information hätte also genauso gut dort zu finden sein können. In erstaunlich vielen Unternehmen kommt neben E-Mails und Chats noch immer ein weiterer potenzieller Auffindeort hinzu: Netzlaufwerke, auf denen Projektdokumente mehr oder weniger strukturiert abgelegt werden.

Kommunikation im Fachkontext heißt Finden statt Suchen

Viel Spaß beim Suchen, kann man da nur sagen! Dabei haben wir es bei CONTACT doch eigentlich viel leichter. Denn wir nutzen unsere eigene Software für das Projektmanagement. Und die bietet uns hervorragende Möglichkeiten, es besser zu machen. Neben der eigentlichen Projektmanagement-Funktionalität sind das insbesondere ein Dokumentenmanagement und eine Kommunikations-Funktion, die bei uns Activity Stream heißt.

Beiträge im Acitivity Stream – und das ist der Kernpunkt – können immer an ein Objekt geschrieben werden. Beispielsweise an ein Projekt, eine Aufgabe oder einen offenen Punkt. Oder, im Fall unserer Kunden, an Produktdaten wie ein CAD-Modell, eine Stückliste oder Simulationsdaten. Dadurch werden Projekt- und Produktdaten mit der zugehörigen Kommunikation vernetzt. So können Informationen nicht nur leichter in einem einzigen Tool gesucht und gefunden werden. Weil das Objekt als Ankerpunkt für die dazugehörige Kommunikation dient, werden bei dessen Aufrufen auch ohne Suche alle kontextrelevanten Informationen angezeigt.

Objekte en passant mit Information anreichern

Zurück zu meinem Fall: Um die Unordnung wieder aufzuräumen, habe ich an die erledigte Aufgabe ein Dokument mit meiner Lösung angehängt. Dazu die E-Mail, die mir dabei geholfen hat. Außerdem habe ich eine neue Aufgabe für die Implementierung durch meine Kolleg:innen erstellt und verknüpft sowie einen zusammenfassenden Activity Stream-Beitrag verfasst und mit ihnen geteilt.

So hängt nun zusammen, was zusammengehört. Selbst, wenn ein mit der Vorgeschichte nicht vertrautes Teammitglied die Implementierung übernimmt, sind alle Informationen sofort parat. Fragen könnte er oder sie über den Activity Stream stellen, ohne in einer Mail oder einem Chat erst umständlich den Kontext zu erklären. Hätte ich die Kommunikation von Anfang an im Aufgabenkontext im Activity Stream geführt, wäre die Information dort bereits verfügbar gewesen und ich hätte mir das Recherchieren und Zusammenführen ersparen können.

Gewohnheiten zu ändern lohnt sich

Was lernen wir daraus? Erstens: Ein Projektmanagementsystem mit Dokumentenmanagement und kontextbezogener Kommunikation à la Activity Stream verbessert die Zusammenarbeit enorm. Zweitens: Es gehört etwas Disziplin dazu, nicht bei der erstbesten Gelegenheit wieder auf andere Tools zurückzufallen – wie es mir passiert ist. Aber es erspart einem später viel Arbeit.

Ich sehe bei Kunden immer wieder Zögern, von E-Mail auf diese Art der kontextbezogenen Kommunikation umzusteigen. Ich kann dazu nur sagen: Trauen Sie sich! Stellen Sie Ihren Mitarbeitenden ein entsprechendes Werkzeug zur Verfügung und werben Sie dafür. Es ist anfangs ungewohnt und es dauert, bis es sich in der Breite durchsetzt. Aber es lohnt sich. Für die ganze Organisation wie für die einzelnen Mitarbeitenden!

Terminplanung – Der Hammer des Projektmanagements?

Mark Twain wird das Bonmot zugeschrieben „Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel“. Auch wenn nicht zweifelsfrei geklärt ist, wer tatsächlich der Urheber dieser Äußerung ist, bleibt es die wohl prägnanteste Formulierung für „Maslows Hammer“.

Was hat das mit Projektmanagement zu tun?

Bei Projektmanagement-Software beobachte ich immer wieder, dass Anwender versuchen, mit nur einem Werkzeug, nämlich der Terminplanung, verschiedenste Ziele zu erreichen. Verübeln kann man es ihnen nicht, verleiten doch viele Projektmanagement-Tools die Benutzer genau dazu.

Dabei entstehen Pläne aus Hunderten oder Tausenden von tagesgenauen Aufgaben. Mir begegnen dabei nicht selten auch Vorgänge in Frageform, wie „Spezifikation freigegeben?“, „Kundenpräsentation erfolgt?“ und Ähnliches, versehen mit Dauer, Termin und Vorgangsverknüpfungen.

Überdetaillierte Planung rächt sich im Projekt

Das Dilemma: Solche Pläne sind nur scheingenau, mit vielen aus Vorgangsverknüpfungen berechneten Detailterminen. Obwohl jeder Beteiligte eigentlich weiß, dass bei größeren Projekten keine Aktivität auf den Tag genau eingehalten wird. Dennoch tun alle so, als ob der Plan exakt so richtig wäre.

Auch die Praxis, die Ressourcenauslastung zu managen, indem man alle Aufgaben einer bestimmten Person hintereinander verknüpft, geht nur so lange gut, bis man die Planung ändern muss. Dann stimmt das ganze Planungsgefüge nicht mehr. Aber das Terminplanungstool berechnet die Termine weiterhin erbarmungslos nach Netzplan.

Je detaillierter der Plan ist, desto aufwändiger sind Änderungen im Projektverlauf. Sie verschieben eine Aufgabe und ganz viele andere verschieben sich mit – nur leider nicht so, wie Sie das erwartet hätten. Sie verstehen Ihren eigenen, zu komplizierten Netzplan nicht mehr und benötigen hohen Umplanungsaufwand für neue Scheingenauigkeit. Manche lassen den Plan dann gleich unverändert und beginnen stattdessen zu improvisieren.

Nutzen Sie den ganzen Werkzeugkasten

Hier liegt es nahe, an agile Vorgehensweisen als Alternative zu denken. Doch dafür muss man sein Projektmanagement nicht unbedingt komplett ändern. Viele erfahrene Projektmanager sagen: „Agilität ist ja nichts Neues. Bei mir ist es halt kein Task Board, sondern eine gute alte Offene-Punkte-Liste.“ Und genau das ist der Schlüssel. Planen Sie nur so genau wie nötig und wie wirklich sinnvoll. Das Motto lautet hier: Lieber eine gute Grobplanung als eine schlechte Detailplanung. Auch wenn der Grobplan wahrscheinlich nicht so eintrifft wie gedacht, lässt er sich viel einfacher korrigieren und macht den Impact auf das Projekt schneller ersichtlich.

Für Detailthemen ist eine Liste offener Punkte (LOP) mit klar festgelegten Verantwortlichkeiten das Werkzeug der Wahl. Und für alles, was Sie in Frageform einplanen wollen, helfen Checklisten, die regelmäßig im Projektverlauf überprüft werden. Bei Nichterfüllung setzen Sie eine Maßnahme auf Ihre LOP. Und vielleicht erfassen und beobachten Sie Risiken und definieren Gegenmaßnahmen, um rechtzeitig und effektiv gegenzusteuern. Damit sind Sie in aller Regel sehr viel besser aufgestellt für ein erfolgreiches Projekt.

Also: Verwenden Sie den Hammer wirklich nur für Nägel. Für alles andere greifen Sie ruhig zu Zange, Schraubendreher oder Schraubenschlüssel!

Kompliziert vs. Komplex: Der Faktor Mensch im Projektmanagement

Klassisches, agiles oder hybrides Projektmanagement – wofür entscheide ich mich in einem Projekt?  Eine Entscheidungshilfe kann zum Beispiel die Stacey-Matrix (nach dem Organisationstheoretiker Ralph D. Stacey) liefern. Anhand eines Kriterienkatalogs wird beurteilt, wie gut ein Projektvorhaben bereits verstanden ist – und zwar hinsichtlich der Anforderungen einerseits und des Lösungsansatzes andererseits. Sind die Anforderungen klar oder bewegt man sich etwa in einem neuen, noch unbekannten Markt? Wendet man eine gut beherrschte Technologie an oder eine neue, mit der man keinerlei Erfahrung hat?

Einfach, kompliziert, chaotisch?

Entlang dieser beiden Achsen unterteilt die Stacey-Matrix ein Projekt in die Kategorien einfach, kompliziert, komplex und chaotisch. Nach dem sogenannten Cynefin-Framework sind einfache Systeme so klar geordnet, dass man sie unmittelbar versteht. Komplizierte Systeme sind dagegen schwierig zu verstehen. Mit Expertenwissen gelingt es aber, deren Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge vorab zu verstehen und vorauszusagen.

Komplexe Systeme sind zwar ebenfalls von eindeutigen Kausalitäten bestimmt, weisen aber so viele Wechselwirkungen auf, dass auch Experten sie nicht mehr im Vorfeld ausreichend analysieren können. Die Zusammenhänge können erst im Nachhinein erkannt und verstanden werden. Als chaotisch bezeichnet man ein System, wenn keine eindeutigen Wirkungsbezüge mehr auftreten und ein und dieselbe Ursache völlig verschiedene Wirkungen erzeugen kann.

Ein kleines Beispiel verdeutlicht dies:
Für einen Meteorologen mag z.B. eine Wettervorhersage für die nächste Stunde einfach sein, eine für den nächsten Tag kompliziert. Eine Prognose für die nächste Woche dürfte dagegen schon ein komplexes Problem sein, während die Vorhersage für einen Tag des nächsten Jahres sicher ein chaotisches ist.

Solange Projektvorhaben einfach oder kompliziert sind, lassen sie sich mit einem wasserfallartigen, fest vordefinierten Ablauf je nach Expertise gut beherrschen. Je weiter sie jedoch in Richtung Komplexität tendieren, desto mehr empfiehlt sich eine agile, flexible Vorgehensweise mit vielen Rückkopplungsschleifen und der Möglichkeit zu Trial and Error. Ein wie ich finde einleuchtender Ansatz, der übrigens nicht nur auf ganze Projekte, sondern auch selektiv auf einzelne Bereiche in einem Projekt angewendet werden kann.

Die soziale Dimension

Aber vielleicht reicht dieser Ansatz noch nicht ganz aus. Wir haben von Anforderungen und von Lösungsansätzen gesprochen, aber noch nicht von den Menschen, die im Projekt zusammenarbeiten. Ist nicht auch deren organisatorisches und soziales Miteinander einfach, kompliziert oder komplex bis chaotisch? Und hat nicht dieser Faktor genauso große Auswirkungen auf den Projekterfolg? Gerade hier muss man meiner Meinung auch von Nichtvorhersagbarkeit, also Komplexität sprechen

Ein gut eingespieltes, seit Jahren zusammenarbeitendes Team ist sicherlich als einfach einzustufen. Dass es aber in einem neu zusammengestellten Team oder in einer neuen Zusammenarbeit verschiedener Abteilungen mit unterschiedlichen Interessen zu kaum vorhersehbaren Dynamiken kommen kann, wird gerne vergessen. Hier können agile Methoden mit ihrem Fokus auf ergebnisorientierte Kommunikation der Schlüssel zur Beherrschung des Projekts sein.

Vielleicht sollte man den beiden Achsen „Anforderungen“ und „Lösungsansatz“ also noch eine dritte Dimension „Soziales Miteinander“ hinzufügen, um das Entscheidungsmodell zu vervollständigen und die Basis für einen Projekterfolg zu legen.