#workfromhome – Wie arbeitet unsere Software-Entwicklung jetzt zusammen?

Bei CONTACT glauben wir daran, dass die persönliche und informelle Interaktion von Menschen ein wichtiger Erfolgsfaktor in komplexen technischen Vorhaben ist – und dazu zählt ohne Zweifel auch die Entwicklung unserer eigenen Software-Produkte. Wir legen deshalb Wert darauf, unseren Teams die Möglichkeit zu geben, sich mit ihren Kolleginnen und Kollegen in ihren Büros, unseren Meeting-Räumen oder an Orten wie dem „Red Sofa“ zu treffen. All das hatte durch Corona ein jähes und hoffentlich vorläufiges Ende.

Homeoffice für alle
Nach ersten Vorbereitungen an den Tagen zuvor hat CONTACT am Wochenende 14.-15. März entschieden, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von zu Hause arbeiten zu lassen. „Work from Home“ trifft bei einem Software-Hersteller im Gegensatz zu vielen unserer Kunden auf besonders günstige Voraussetzungen: Es gibt keine Produktion, bei der Material bewegt werden muss, und Software als „virtuelles“ Produkt kann im Prinzip an jedem Ort der Welt bearbeitet werden.

Als IT-Unternehmen verfügen wir natürlich über eine geeignete und leistungsfähige technische Infrastruktur, und bis auf einige notwendige Hardware-Transporte von Workstations, Bildschirmen und ähnlichem waren die Software-Entwicklung und auch die anderen Bereiche bei CONTACT in weniger als einem Tag einsatzbereit.

Neben unserem Headquarter in Bremen betreiben wir Entwicklungsstandorte in München, Köln, Paderborn sowie Stuttgart und arbeiten häufig mit externen Partnern zusammen. Deshalb sind Kommunikationsmittel wie E-Mail, Telefonieren über Voice-over-IP, Microsoft Teams und so weiter für unsere technik-affinen Software-Entwickler sowieso alltäglich.

Was unsere Entwicklung jedoch wirklich zusammenhält, sind die gemeinsamen Prozesse und Vorgehensweisen, und die dazugehörigen Systeme. Die wichtigste Unternehmensplattform ist unsere Inhouse-Installation von CONTACT Elements, kurz CEDM genannt. Alles was wir tun, läuft dort zusammen, und alle anderen IT-Systeme sind mit CONTACT Elements verbunden.

Über den Activity Stream von CONTACT Elements können wir Informationen und Dokumente gezielt und schnell teilen.

Produkte
Jeder Software-Baustein von CONTACT Elements wird in unserer Elements Inhouse-Installation als Produkt geführt. Die Quelltexte unserer Fachanwendungen verwalten wir in Git- oder Subversion-Repositories, die mit dem Produktobjekt verbunden sind. Aus dem Feld auflaufende Fehler oder Änderungswünsche für die Software-Produkte werden als „Change Requests“ in Elements verwaltet. Wenn diese zu Code-Änderungen führen, erfolgt eine direkte Verlinkung zwischen einem Change-Request und einer Quelltextänderung (einem „Commit“) in Git oder Subversion. Außerdem führen wir in CONTACT Elements natürlich eine Liste der Produkt-Releases und dem jeweiligen Reifegrad.

Unsere Entwicklungsprozesse sind hochgradig automatisiert und naturgemäß vollständig digital. So betreiben wir viele weitere Systeme, die Software automatisch bauen, testen und vermessen. Alle diese Systeme sind direkt oder mittelbar mit CONTACT Elements verbunden.

Jede Stunde, die ein Entwickler mit der Pflege oder Weiterentwicklung einer Software-Komponente verbringt, wird mit der Zeiterfassung in CONTACT Elements verbucht. So haben wir jederzeit einen Überblick darüber, in welchem Umfang wir in Software-Bausteine investieren und was die Wartung kostet.

Projekte
Unsere Entwicklungsmethodik verbindet mehrere agile Methoden mit für unser Unternehmen spezifischen Erweiterungen. Sie heißt „Revolution“ und ist durch Vorlagen für Projekte, die durch „Tayloring“ angepasst werden können, in CONTACT Elements hinterlegt. In „Revolution“ gibt es darüber hinaus eine Reihe von Liefergegenständen (Deliverables), die in CONTACT Elements als Dokumente aus Vorlagen ausgeprägt werden. Anforderungen legen wir als Spezifikationen im Requirements-Management von CONTACT Elements an. Die Projektplanung erfolgt in Iterationen, die mit Task Boards geplant und bearbeitet werden.

Task Board zu einem aktuellen Entwicklungsprojekt bei CONTACT.

Im Ergebnis sind damit alle Informationen, die für unsere Entwicklung bedeutsam sind, in einem System auffindbar und miteinander verbunden. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mit den Begrifflichkeiten bestens vertraut, jederzeit in der Lage auf die relevanten Informationen zuzugreifen, und werden von den Systemen zu den richtigen nächsten Aktivitäten geführt.

Fazit
In der gegenwärtigen Krise schafft diese System- und Prozesslandschaft Vertrauen und Handlungsfähigkeit. Sie hat es uns ermöglicht, praktisch von einem Augenblick auf den anderen auf Remote-Arbeit umzustellen, ohne dass es Verwerfungen gibt. Hinzu kommt, dass es dank der Veränderungsbereitschaft unserer Belegschaft und der ohnehin vorhandenen Neigung zu technischen Kommunikationsmitteln gelungen ist, die persönliche Interaktion und Meetings mittels Video-Chats und Web-Konferenzen ins Internet zu verlagern.

Social PLM?

Der Hype um Social Media hat nicht nur Techies, Nerds und andere Internet-Eingeborene erfasst, sondern praktisch alle Gesellschaftsgruppen in allen Ländern rund um den Globus. Facebook hat demnächst vermutlich eine Milliarde(!) Anwender. Ob man das „Geplapper“ bei Facebook, Twitter und Co nun für dummes Zeug hält oder nicht: da ist eine Umwälzung im Kommunikationsverhalten und der Vernetztheit der Menschheit im Gange, deren Ausmaß und Folgen noch niemand richtig begreifen und abschätzen kann.

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=rkkUV1dUoiE]

Update: leider ist das Video von Youtube entfernt worden. Auch ein Symptom … sie finden es bei Interesse, wenn Sie nach “ Social Media Revolution“ suchen

Sicher ist: ein großer Teil der Menschen, die heute PLM-Anwendungen verwenden, haben Erfahrung mit Sozialen Netzwerken. Und dieser Anteil wird in Zukunft ganz gewiss nicht kleiner.

Was bedeutet das für PLM und Entwicklungsprozesse, die ja ganz sicher auch und vor allem soziale Prozesse sind, in denen Menschen zusammen arbeiten? Zunächst mal wenig, denn natürlich wäre es eine Schnapsidee, die Zusammenarbeit mit Partnern demnächst über Facebook abwickeln zu wollen. Was sich verändert, sind die Erwartungen von Anwendern an die Informationstechnologie, die ihnen am Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Schon lange ist ein einzelner, nicht in das Unternehmensnetz eingebundener Rechner mit Microsoft Office an Bord praktisch sinnlos, denn niemand verwendet seinen Rechner mehr dazu, Informationen zu erfassen, um sie anschließend auszudrucken und in das Rohrpostsystem zu stecken. IT wird in den Unternehmen vor allem für Kommunikation und Zusammenarbeit benutzt.

In den meisten Unternehmen sind die zentralen Anwendungen für Kommunikation und Zusammenarbeit einerseits Email, andererseits große Unternehmensanwendungen wie SCM, CRM, ERP und eben PLM, in denen Informationen zusammengeführt werden, um die wertschöpfenden Prozesse zu unterstützen. Daneben gibt es in vielen Unternehmen bereits Anwendungen, die weniger formal und prozessorientiert sind, indem zum Beispiel in einem unternehmensinternen oder sogar -übergreifenden Netzwerk Wikis, Kalender, Microblogs, leichtgewichtige Plattformen für den Austausch von Dokumenten und so weiter bereitgestellt werden.

Wenn man genau hinschaut, stellt man fest, dass gerade in Entwicklungsprozessen die „eigentliche Arbeit“ kommunikationsintensiv und informell ist. Zahllose Meetings, Emails, Telefonate und Gespräche in der Kaffeeküche machen das mehr als deutlich. In den „Kommunikationspausen“ werden mit Werkzeugen wie CAD Informationen erzeugt, abgestimmt und oft erst als fertiges Ergebnis in die Unternehmensanwendungen gestellt. Selbst dort, wo PLM funktionierendes CAD-Datenmanagement für Teams beinhaltet, werden Entwürfe per Email herumgereicht, weil die PLM-Anwendung zu unflexibel ist, man „noch keine Nummer vergeben will“ oder schlicht und ergreifend Angst davor hat, etwas vermeintlich unfertiges in ein „offizielles“ System einzustellen (nebenbei bemerkt adressiert Contact Softwares „Workspaces“-Konzept dieses Thema).

In Zukunft werden Anwender von den IT-Systemen an ihrem Arbeitsplatz in dieser Beziehung mehr verlangen, indem Erfahrungen mit „Social Media“ auf das Arbeitsumfeld übertragen werden: es ist gut, wenn in einem informelleren Rahmen Informationen in Form von Text, Bildern, CAD-Modellen, Dokumenten, Kommentaren, … ausgetauscht werden können. Dazu gehört, dass dieser Rahmen in weiten Bereichen selbst gestaltet werden kann, indem man wie bei Facebook seine „Freunde“ selber wählt, ein Team selbstständig eine Gruppe anlegen kann, man wie bei Twitter selbst entscheidet, welchen Nachrichtenströmen man folgt, und so weiter. Vor allem in räumlich verteilten oder unternehmensübergreifenden Konstellationen ergeben sich auch weitere Vorteile.

Unternehmen, denen es gelingt, diesen Erwartungen gerecht zu werden, die informelle, „soziale“ IT mit den etablierten (und notwendigen!) Unternehmensanwendungen wie PLM zu verbinden, werden sich vermutlich darauf freuen dürfen, langfristig die besseren Mitarbeiter und Prozesse zu haben.

Tja, und wie geht nun „Social PLM“? Jedenfalls nicht von allein, und auch nicht auf ein PLM-Systems beschränkt. Alle Unternehmensanwendungen müssen „sozialer“ werden. Es wird aber vermutlich nicht reichen, eine Stücklistenposition „liken“ zu können, oder eine Kommentierfunktion für CAD-Baugruppen vorzusehen. Wie ich hoffentlich andeuten konnte, sind Unternehmensprozesse die von Kommunikation geprägt sind, per se „sozial“ und damit aussichtreiche Kandidaten dafür, „soziale Technik“ erfolgreich einsetzen zu können. Wenn das nicht dazu führen soll, dass eine Unzahl an neuen Kommunikationskanälen die Mitarbeiter überfordert und frustriert, muss dazu vorhandene und neue Technik gescheit integriert werden. Das setzt Offenheit und die Orientierung an den bei diesem Thema alles dominierenden Internet-Paradigmen voraus (jedes Ding muss eine URL haben, RSS-Feeds, Integration von Email … um nur einige Stichworte zu nennen). Am wichtigsten ist es aber natürlich, eine offene Kommunikationskultur herzustellen und die Menschen zu ermutigen, mehr von ihrem Wissen preiszugeben und zusammen zu arbeiten.

Daimler ersetzt Catia durch NX

Letzte Woche ist bekannt geworden, dass Daimler sich entschieden hat, in allen Konzernsparten Catia V5 durch NX abzulösen. Das nenne ich mal eine interessante Neuigkeit … interessant auch die Pressemeldungen von Siemens (im Siegesrausch) und Dassault (eher dürr). In der Branche wird spekuliert, was die Gründe und Konsequenzen der Entscheidung von Daimler sind. Die meisten Marktbeobachter wählen starke Worte, z.B. Ken Versprille (CPDA):

The […] decision at Daimler AG to shift all their product development to the Siemens PLM Software tool stack has dramatically shattered the complacent mindset that had been growing in automotive product lifecycle management (PLM).

Über die wahren Gründe der Entscheidung darf spekuliert werden. Die Ursache dürfte nicht die mutmaßlich “bessere” (weil aus einem Haus) Integration von NX mit Teamcenter sein – die hätte in ausreichendem Maße wohl auch mit Catia (V5!) funktioniert. Ich würde die Entscheidung auch nicht als eine gegen Catia und für NX interpretieren: die beiden Systeme haben einen ähnlichen Leistungsumfang, und wenn man die Entwicklung über einige Jahre betrachtet, liegt mal der eine Anbieter mit einigen Funktionen vorne, mal der andere. Meine Spekulation ist, dass die Entscheidung eine für die vorhandene PLM-Infrastruktur (unter anderem Smaragd, Daimlers Teamcenter-basierendes PDM-System) und gegen Dassaults umfassende Vision und Strategie “V6″ ist: man muss annehmen, dass V6 die Strategie der Zukunft bei Dassault ist und die weitere Pflege von V5 ein Zugeständnis an die Kunden, das nicht von Dauer sein muss. Für Anwender bedeutet das über kurz oder lang, sich entweder mit Haut und Haaren darauf einzulassen, oder ganz Abschied zu nehmen, denn der Anspruch von Dassault scheint zu sein, den Entwicklungsprozess mit allen notwendigen Werkzeugen komplett abzudecken. Ich meine, das kann nicht funktionieren. Erstens ist dazu, zumal für eine riesige Organisation wie Daimler, wahrscheinlich überhaupt kein Anbieter in der Lage, und zweitens ist die Frage, inwiefern in einer geschlossenen Systemwelt, in der der Anbieter sowohl die Plattform als auch die Lösungen beherrscht, ausreichend Wettbewerb entstehen kann, der die jeweils besten Lösungen für eine Aufgabenstellung hervorbringt.

Eine weitere interessante Frage ist, was das für die Zulieferindustrie bedeutet. Es ist zu hoffen, dass der Austausch von nativen CAD-Daten zugunsten von offenen Standardformaten wie STEP, JT oder anderen weiter zurückgedrängt wird, und man sich damit mehr auf Prozesse und Inhalte der Zusammenarbeit als auf die Datenformate konzentrieren kann.

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