PLM Kollaboration – neu gedacht

Neulich schrieb ich in beyondplm.com über Wie lässt sich PLM-Kollaboration vereinfachen?. Heute möchte ich einen anderen Blickwinkel einnehmen und darüber sprechen, wie das PLM-Kollaborationskonzept überdacht werden kann. Weshalb ich glaube, dass dies interessant sein könnte? Meiner Meinung nach ist die Industrie für Unternehmenssoftware durchdrungen vom Prozess der Anwenderorientierung. Das bedeutet, dass viele Technologien in die Unternehmen gelangen, die sich im Anwenderbereich bewährt haben. PLM ist von diesem Prozess nicht ausgenommen. Das Thema Zusammenarbeit könnte ein guter Ausgangspunkt für einen solchen Neuansatz sein. Zur Verdeutlichung habe ich das folgende Diagramm erstellt.

Ich denke an drei grundlegende Aktivitäten: Kommunikation, Kollaboration  und Prozess-Management. Diese möchte ich nacheinander diskutieren.

Kommunikation

Dies ist der unkomplizierteste Teil. In meinen Augen stellt die Kommunikation heute die grundlegende Aktivität überhaupt in einer Organisation dar. Ich habe von Mitarbeitern gehört, dass die Organisation praktisch nur per E-Mail erfolgt. Neue Technologien und das Web bieten alternative Kommunikationswege (z. B. Instant Messaging, Blogs, Foren usw.). Trotzdem ist E-Mail sehr stark und alle ehrgeizigen Pläne, E-Mails zu ersetzen, sind bisher gescheitert.

Kollaboration

Ich habe das Wort “ Kollaboration” verwendet, um Tools zu identifizieren, mit denen Mitarbeiter Daten gemeinsam nutzen können. Es gibt „synchrone“ und „asynchrone“ Tools, die bei der Zusammenarbeit von Mitarbeitern verwendet werden können. Neue Web-Tools (z. B. Wikis) dringen durch das Internet in diesen Bereich ein. Ich bin der Auffassung, dass dies interessante Perspektiven bietet, um Daten gemeinsam zu nutzen.

Prozess-Management

Organisationen werden im Wesentlichen von Prozessen bestimmt. Verschiedene Geschäftsprozesse können die Aktivitäten der Mitarbeiter bestimmen und formalisieren und Ziele und Systeme zur Leistungsmessung definieren. Der wichtige Aspekt beim Prozess-Management ist, dass die Mitarbeiter dies auch annehmen. Sehr häufig bindet ein Unternehmen erhebliche Ressourcen, um ein Prozess-Management-System einzusetzen und zu implementieren. Trotzdem wird das System am nächsten Tag von Mitarbeitern, die E-Mails versenden, missbraucht. So entscheiden sie sich gegen die komplizierten Verfahren des Prozess-Managements.

Weg von Räumen hin zu Kanälen

Ich glaube, Unternehmen verabschieden sich von der Welt der Datenbanken und wechseln zu Netzwerken. Diesen Punkt habe ich schon früher aufgegriffen, und zwar in PLM-Netzwerk-Effekt und Single Point of Truth. Allmählich beginnen die Unternehmen zu verstehen, dass die Zentralisierung durch Datenbanken an Grenzen stößt. Die Internet-Erfahrung zeigt eindeutig, dass die Organisation in Netzwerken sehr viel leistungsstärker sein kann. Als ich über diese Abstraktion nachdachte, kam ich zu dem Schluss, dass sich eine nicht unbedeutende Bewegung vom Konzept der „Räume“, das für die PLM-Collaboration in den vergangenen 10-15 Jahren vorherrschend war, hin zum Konzept der „Kanäle“ vollzieht. Die Art wie Kanäle organisiert werden, kann der Rationalisierung von Kommunikation und Prozessen in Unternehmensorganisationen einen innovativen Schub geben. Ich kann mir vorstellen, dass bestehende und neue Unternehmen in diesem Bereich innovativ sein werden. Lassen Sie mich nur einige Beispiele anführen – Cisco Quad, Salesforce.com Chatter, Yammer, Vuuch. Dies ist meine Auswahlliste von innovativen Firmen in diesem Bereich.

Schlussfolgerungen

Die Kundenforderung, die Zusammenarbeit in Unternehmen neu zu überdenken, wird bedeutende Auswirkungen darauf haben, wie sich die PLM-Kollaboration in den kommenden drei bis fünf Jahren entwickelt. Die Schnittstelle von Prozess-Management, Kommunikation und herkömmlichen Kollaborations-Tools ist ein guter Ausgangspunkt für eine Revision all dessen, was wir bisher über PLM-Kollaboration wussten.

Alles Gute, Oleg

(Hinweis: Dies ist eine Übersetzung  des Beitrags How To Reset PLM Collaboration aus Oleg Shilovitskys Blog Beyond PLM. Übersetzung und Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors. Ohne Gewähr für die Richtigkeit der Übersetzung.)

Standards in der Produktentwicklung: Fluch oder Segen?

Vorweg: es geht in diesem Beitrag nicht um Normteile oder andere Dinge, die Produkte standardisieren, sondern um solche, die festlegen, auf welche Art und Weise Produkte entwickelt werden. Das ist ein weites Feld, angefangen bei der Frage, wer den Standard vorgibt, etwa das eigene Unternehmen, der Kunde, Normungsgremien usw. bis hin zu Frage, was standardisiert wird wie z.B. Verfahrensabläufe, Benennungskataloge, oder Nummerungsysteme.

Die meisten von uns werden bestimmte Standards lieben und andere hassen. Die guten sind die, die mir persönlich erkennbar nützen, etwa weil sie mir helfen, mich leichter zurechtzufinden. Und die schlechten sind eben solche, die eher hinderlich für meine Aufgaben sind.

Gute Standards stellen einfach „Best Practices“ dar. Bei schlechten Standards erkennen die Anwender, dass man das anders und besser machen kann. Gute Standards fallen nicht vom Himmel und selbst jahre- oder jahrzehntelange Gremienarbeit ist keine Erfolgsgarantie, siehe den „Standard for the Exchange of Product model data“ (ISO 10303 STEP).

Jeder Entwickler macht eigentlich nicht anders als einen Standard für eine gewünschte Funktion zu schaffen. Als Entwickler von gewarteter „Standard“ PLM-Software haben wir die Aufgabe, Standards für die Produktentwicklung zu schaffen. Das ist anspruchsvoll, denn jede Produktentwicklung lebt davon, abseits ausgetretener Pfade Innovatives zu schaffen. PLM-Projekte und PLM-Software greifen unter Umständen tief in die Art und Weise ein, wie Unternehmen und  Mitarbeiter Produkte entwickeln. Im Unterschied zu bloßen Regelwerken, wie sie in vielen Unternehmen anzutreffen sind, ist die Standardisierung  gleich in die Werkzeuge eingebaut, die die Anwender nutzen. Je feinkörniger hier die Vorgaben sind, desto schwieriger wird es, die Bedürfnisse der Anwender praxisgerecht zu erfüllen.

Zusammenfassend meine Meinung:

  1. Gute Standards stellen Best Practices dar, deren Nutzen  für Anwender offensichtlich ist.
  2. Standards zu entwickeln ist schwierig. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Fähigkeit, Standards beruhend auf Erfahrungen in nicht zu kurzen und nicht zu langen Abständen zu verbessern.
  3. Standards haben auch in der Produktentwicklung ihre Berechtigung. Sie helfen z.B., Compliance-Richtlinien zu beachten, über Abteileingen und Disziplinen hinweg besser zu kommunizieren und Zeit dadurch zu sparen, dass man das Erfahrungswissen anderen nutzen kann.
  4. Standardisierung in der Produktentwicklung erfordert besondere Umsicht: Schließlich sollen Kreativität und Flexibilität nicht unter die Räder kommen.

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PLM – Chaos oder Einheit?

Ich habe einen Blog von Stephen Porter von Zero Wait State gelesen, der folgende Überschrift trug: The PLM State: Why can’t we all just get along? (PLM – Warum gibt es kein friedliches Miteinander?). Meiner Meinung nach hat Stephen ein wichtiges Thema angesprochen, nämlich wie die verschiedenen Anbieter im Ökosystem der Engineering-Software nebeneinander bestehen können. Ich musste sofort an die PLM-Software-Landschaft und damit zusammenhängende Trends denken.

Trends im Bereich PLM und Unternehmenssoftware

Meiner Meinung nach gibt es derzeit im Bereich PLM und Engineering-Software nur einige wichtige Entwicklungen, die ich im Folgenden aufzählen möchte: der Notwendigkeit vertikaler Integration und schnellerer Veränderungen sowie der zunehmende Einfluss durch Software für Privatanwender. Die vertikale Integration spielt bei PLM-Lösungen eine immer wichtigere Rolle. Die Kunden möchten ihre Zeit nicht mit der Integration von Produkten verbringen, sondern verlangen nach Produkten, die bereits integriert und sofort einsatzbereit sind. Dadurch stellt sich die Frage, wie die Anbieter die Integrationsfähigkeit ihrer Produkte sicherstellen können. Der Bedarf nach immer schnelleren Veränderungen macht die wachsende Dynamik der Unternehmen deutlich. Engineering- und PLM-Software müssen ihr Tempo an der Geschäftswelt ausrichten. Veränderungsprozesse, die nur einmal im Jahr stattfinden, werden den Unternehmen schon bald nicht mehr genügen. Den Kosten für Veränderungen kommt eine noch größere Bedeutung zu. In dieser Hinsicht müssen die Zeitabstände hinterfragt werden, in denen Software-Releases bisher auf den Markt kommen, sowie die Geschwindigkeit von Updates. Die Software für Privatanwender wird entscheidenden Einfluss ausüben. Ich denke, dass wir all die neuen Anwendungen und Geräte schätzen, an die wir uns in den letzten 5-7 Jahren gewöhnt haben. Noch gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen Anwendungen für das Privatleben und Anwendungen für das Geschäftsleben. Die Kunden verlangen jedoch eindeutig danach, als Unternehmenssoftware ähnliche Lösungen verwenden zu können wie als Privatanwender.

Die Einheitsgröße passt nicht allen

Dies ist ein weiterer wichtiger Aspekt, der erwähnt werden sollte. In den letzten 10-15 Jahren haben die Anbieter von PLM- und sonstiger Unternehmenssoftware versucht, Best Practices und andere Strategien im Zusammenhang mit der Vereinheitlichung von Softwareprodukten einzusetzen. Nach all diesen Jahren komme ich zu einem ganz einfachen Schluss: Die Einheitsgröße passt nicht allen. Das Verlangen nach Vielfalt wird immer deutlicher. Lösungen werden immer kundenspezifischer und berücksichtigen die Verschiedenartigkeit der Nutzer innerhalb eines Unternehmens. Dazu gehört auch, dass Kunden immer häufiger Software mehrerer Anbieter einsetzen.

Kundenfokus

Und zu guter Letzt: Die Beziehungen zwischen Kunden und Händlern bewegen sich in eine sehr interessante Richtung. Darin zeigt sich der allgemeine Software-Trend in Richtung offene Lösungen und Kundenexzellenz. Die wachsende Zahl an Open Source- und SaaS-Angeboten sowie anderen neuen Geschäftsmodellen wird immer häufiger dazu führen, dass Kunden nicht mehr an eine bestimmte Software gebunden sind. Anhand der veränderten Beziehung wird auch deutlich, was Kunden von zukünftigen PLM- und Engineering-Softwarelösungen erwarten.

Welche Schlüsse ziehe ich daraus? Ich denke, dass das PLM-Chaos durch die Außenwelt verändert wird. Aktuelle Modelle werden nicht überleben. Die Bewegung in Richtung dynamischere Unternehmen, offene Lösungen und nicht mehr an bestimmte Software gebundene Kunden ist zu stark, als dass sie ignoriert werden könnte.

Besten Gruß, Oleg

(Hinweis: Dies ist eine Übersetzung  des Beitrags PLM Jungle or PLM State? aus Oleg Shilovitskys Blog Beyond PLM. Übersetzung und Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors. Ohne Gewähr für die Richtigkeit der Übersetzung.)