PLM – ein Werkzeug für den Werkzeugbau?

Dass Unternehmen neben ihren Produktdaten auch ihre Werkzeugdaten, NC-Programme, Arbeitspläne und andere fertigungsrelevante Unterlagen mit einer zentralen PLM-Lösung verwalten, damit die Mitarbeiter an anderen Produktionsstandorten auf diese Informationen zugreifen können, sieht man nicht oft. Ich habe eine diese Raritäten neulich in der Hinterpfalz entdeckt. Die Werkzeugbauer des betreffenden Unternehmens waren sogar treibende Kraft bei der PLM-Einführung, wenngleich sie das Projekt nicht ohne Unterstützung der Produktentwicklung und IT hätten durchsetzen können.

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Mit freundlicher Genehmigung von Grant Cochrane auf FreeDigitalPhotos.net

Als ich den Systemadministrator im Werkzeugbau nach dem Funktionsumfang des Produktdatenmanagements fragte, korrigierte er mich höflich aber (pfälzisch) bestimmt: Wir reden bei uns nicht von PDM, sondern lieber von PLM, weil wir mit der Lösung die Prozesse über den gesamten Lifecycle der Werkzeuge unterstützen wollen. Er hatte völlig Recht: Bei der Firma können zum Beispiel auch die Mitarbeiter, die sich in den Werken um die Wartung der Werkzeuge kümmern, über Viewer auf die für sie relevanten Informationen zugreifen. Künftig sollen sie sogar per Mark-up auf den Dokumenten vermerken, was sie am Werkzeug geändert haben, damit die Konstrukteure das bei neuen Projekten berücksichtigt können.

Ich war erstaunt, dass Mitarbeiter im Werkzeugbau eines (zugegebenermaßen größeren) mittelständischen Unternehmens eine so klare Vorstellung davon haben, was PLM für ihre Organisation an Vorteilen bedeutet. Allerdings war sich der Leiter der Abteilung auch der Herausforderung bewusst, die der PLM-Einsatz für seine Mitarbeiter bedeutet. Um die Akzeptanz dauerhaft sicher zu stellen, müsse man die Anwender abholen und auf dem Weg begleiten, damit sie die Technologie verinnerlichten, wofür eigentlich mehr Personal erforderlich sei, meinte er.

Die größte Hürde für eine konsequente Nutzung der PLM-Technologie im Werkzeugbau des Unternehmens ist jedoch eine andere: Das Outsourcing. Die Unternehmensleitung hat vorgegeben, dass mehr als die Hälfte der Werkzeuge aus Kosten- und Kapazitätsgründen extern konstruiert und gefertigt wird. Die Lieferanten setzen jedoch nicht notwendigerweise das gleiche CAD/CAM-System ein wie die hauseigenen Werkzeugbauer, wenn sie die Werkzeuge überhaupt schon durchgängig in 3D modellieren. Dadurch ist der Import der fremden Werkzeugdaten ist mit einem Riesenaufwand verbunden – stücklistenrelevanten Informationen müssen praktisch von Hand eingegeben werden. Eigentlich bräuchte man einen portablen PLM-Client oder eine Art PLM-Portal, damit die Zulieferer ihre (Meta-)Daten selbst einpflegen können, aber dafür fehlt dem Unternehmen die IT-Infrastruktur.

Der PLM-Einsatz soll bei der Firma die Durchlaufzeiten verkürzen – auch im Werkzeugbau. Das wird man wohl erreichen, auch wenn ein Teil der Zeiteinsparungen durch die mangelnde Integration der Zuliefererdaten wieder aufgezehrt wird. Ihre uneinheitliche Qualität erschwert zudem das Lifecycle-Management der Werkzeuge, die im Laufe der (relativ langen) Produktlebenszyklen immer wieder repariert und überholt werden, und verursacht im späteren Werkzeugleben höhere Kosten. Das aber interessiert normalerweise den Einkauf nicht, da die Betriebskosten auf einer anderen Kostenstelle verbucht werden als die Anschaffung. Hier ist also die Unternehmensleitung gefordert, unter dem Gesichtspunkt der Total Cost of Ownership klare Vorgaben für die Zusammenarbeit mit Lieferanten zu machen.