Wegbereiter für die Nachhaltigkeit: Der Digitale Produktpass

Haben Sie sich schon einmal gefragt, welche Informationen sich hinter den Produkten verbergen, die unseren Alltag bestimmen? Vom Smartphone bis zur Verpackung von Lebensmitteln – der Digitale Produktpass (DPP) soll auf einen Blick zu zeigen, woher ein Produkt stammt, wie es hergestellt wurde sowie ob und wie es sich reparieren lässt. Daher hat der DPP das Potential, unsere Konsumgewohnheiten positiv zu beeinflussen und ist somit auch zukünftig für Unternehmen relevant.

Hinter den Kulissen: Der Digitale Produktpass erklärt

Der DPP ist als Konzept im Rahmen des europäischen Green Deal und des EU-Aktionsplans für die Förderung der Kreislaufwirtschaft entstanden. Die Idee mag zunächst abstrakt klingen, aber sie wird bereits zu einem zentralen Element des nachhaltigen Konsums. Analog zu dem Bild eines „Reisepasses“ vermerkt er alle wichtigen Stationen im Lebenszyklus eines Produktes und gibt so detaillierte Einblicke in Produktion, Reparatur und Entsorgung.

Warum ist das wichtig?

Stellen Sie sich vor, Sie könnten beim Kauf eines Produkts genau nachvollziehen, ob es nachhaltig hergestellt wurde und wie umweltfreundlich es sich am Ende seines Lebens verhält – der DPP gibt diese Einblicke. Es handelt sich dabei nicht mehr um ein reines Konzept: Die Europäische Union hat seine Einführung vorgeschrieben und bis 2030 sollen alle Branchen einbezogen werden. Die ESG-Reporting-Pflicht und das Lieferkettengesetz fordern von Unternehmen mit über 500 Mitarbeiter*innen bereits, ihre Daten zu erheben. In Deutschland betrifft der Pass als Erstes ressourcenintensive Branchen wie Elektronik, Elektrofahrzeuge, Industriebatterien, Textilien, Baugewerbe, Verpackungen und Kunststoffe.

Was beinhaltet der Digitale Produktpass?

Das Deutsche Institut für Normung (DIN) und die Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) haben einen Ausschuss zum Digitalen Produktpass gegründet, mit dem Ziel, Anforderungen an die technische Gestaltung des DPP zu definieren. Dazu gehören beispielweise Informationsträger mit einheitlichen Identifikatoren für das Produkt, Informationen über die Umweltauswirkungen sowie Langlebigkeit, Materialien, Zulieferer und mehr. Um eine Anpassung an die unterschiedlichen Produktgruppen und -branchen mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Daten zu ermöglichen, benötigt der DPP jedoch eine entsprechende modulare Architektur.

Wie der Digitale Produktpass das Konsumverhalten beeinflussen wird

Verbraucher*innen eröffnet der DPP einen klaren Blick auf die gesamte Reise eines Produkts, von der Entstehung bis zur Entsorgung oder Wiederverwertung. So könnte er durch seine Förderung der Transparenz einen erheblichen Einfluss auf unser Konsumverhalten haben. Mit Hilfe des unkomplizierten Einblickes in die Umweltauswirkungen ermutigt er Konsumenten beispielweise dazu, langlebige Produkte auszuwählen. Mithilfe von mehreren Detailstufen können die Informationen auf unterschiedliche Zielgruppen zugeschnitten werden.

Der DPP als Treiber der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft

Dabei ist der DPP mehr als nur ein Reisepass für Produkte: er treibt das nachhaltige Wachstum in der Kreislaufwirtschaft an. Der Produktpass optimiert den Produktlebenszyklus, fördert Standardisierung und nachhaltiges Design, verbessert Ressourcen- und Recyclingeffizienz und hilft bei der umweltfreundlichen Beschaffung.

Der DPP im Unternehmen

Für Unternehmen ist es wichtig, sich frühzeitig auf die Einführung des DPP vorzubereiten. PLM-Systeme wie CIM Database PLM und hochentwickelte IT-Lösungen nehmen dabei viel Arbeit ab. Zum Beispiel können sie LCA-Daten (Life Cycle Assessment) direkt anhand der Stücklisten und Arbeitspläne berechnen und mit Material Compliance-Methoden eine sichere Materialauswahl gewährleisten. IoT-Systeme wie CONTACT Elements for IoT liefern zusätzlich Daten aus der Produktion, die zu effektivem Energiemanagement beitragen können.

Ein strategischer Schritt für die nachhaltige Zukunft?

Der DPP ist also nicht nur eine reine Informationsquelle, sondern bietet Verbraucher*innen fundierte Informationen, um verantwortungsbewusste Kaufentscheidungen zu treffen. Unternehmen können sich erfolgreich auf DPP-Standards vorzubereiten, indem sie ihre PLM-Systeme und IT-Lösungen ausbauen. Der Digitale Produktpass ist somit ein strategischer Schritt und wegweisende Notwendigkeit für eine nachhaltige Zukunft.

Einen umfassenderen Beitrag zum Digitalen Produktpass finden Sie hier auf dem CONTACT Research Blog.

Wie PLM den Weg zur nachhaltigen Produktentstehung ebnet

In einer Welt, die von Nachhaltigkeit spricht, sind Transparenz und Rückverfolgbarkeit über den gesamten Produktlebenszyklus entscheidend. Product Lifecycle Management (PLM) hilft bei der Bewältigung dieser Herausforderungen, indem es eine solide Datenbasis für fundierte Entscheidungen bietet.

Herausforderungen für Unternehmen: Vorschriften und Kundenwünsche

Unternehmen sind heute meist mit regulatorischen Herausforderungen konfrontiert, welche die Entwicklung von Strategien und Produkten beeinflussen. Der europäische Green Deal und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) setzen ein entsprechendes Rahmenwerk. Gleichzeitig verlangen Kunden Lösungen, die eine nachhaltige Produktentstehung unterstützen und der Ruf nach einer grünen Transformation wird lauter. Aber wie gelingt Unternehmen dieser Schritt?

Unternehmen im grünen Wandel

Der grüne Wandel ist eine Mammutaufgabe für die Industrie. Nachhaltige Entwicklung, wie sie bereits der Brundtland-Bericht von 1987 definiert, wird zum Leitprinzip. Ziel ist es, die Bedürfnisse der Gegenwart zu erfüllen, ohne die Bedürfnisse künftiger Generationen zu gefährden. Mit einem nachhaltigen Design als ein Kernelement dieser Bewegung werden wirtschaftliche und ökologische Dimensionen in Einklang gebracht. Anders als bei Ansätzen wie dem Ökodesign integriert Sustainable Design auch ethische Aspekte, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit. So zum Beispiel die sozialen Aspekte in der Lieferkette.

PLM als Schlüssel für nachhaltiges Produktdesign

Jedes Produkt durchläuft verschiedene Lebenszyklusphasen, in denen Entscheidungen über Materialauswahl, Design und Herstellungsprozess getroffen werden. PLM-Systeme wie CIM Database PLM ermöglichen es, Nachhaltigkeitsprinzipien bereits in der Entwurfsphase zu berücksichtigen. Abfall zu reduzieren, Energieeffizienz und Recycling zu fördern werden so zu integralen Bestandteilen bereits ab frühen Designprozessen.

Lesen Sie hier ausführlicher, wie PLM zur nachhaltigen Produktentstehung beiträgt.

Ökobilanzierung und PLM: Eine unschlagbare Kombination

Die Ökobilanzierung (engl. Life Cycle Assessment, LCA) ist ein weiterer zentraler Ansatz zur Bewertung von Umweltauswirkungen. Indem so eine Quantifizierung und Auswertung von Umweltauswirkungen über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts hinweg vorgenommen wird, können Unternehmen Umweltaspekte und potenzielle Auswirkungen aufzeigen.

PLM als Strukturgeber für nachhaltige Produkte

Die Produktstruktur, auch bekannt als Bill of Materials (BOM), wird von PLM als strukturierter Leitfaden genutzt. Sie ermöglicht eine genaue Bilanzierung der Umweltauswirkungen über die gesamte Produktpalette. Materialeigenschaften, Arbeitspläne und Aggregation von Daten unterstützen die Auswahl nachhaltiger Materialien.

Material Compliance: Vorschriften einfacher meistern

Die Auswahl von Werkstoffen muss nicht nur umweltfreundlich, sondern auch gesetzeskonform sein. Hier kommt die Material Compliance ins Spiel. Ein PLM-System ermöglicht nicht nur die Verwaltung von Produktstrukturen und Materialdaten, sondern auch die Material Compliance durch eine Verfolgbarkeit der verwendeten Werkstoffe reibungslos umzusetzen.

Digitaler Produktpass für die Kreislaufwirtschaft

Für eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft ist Transparenz über Materialien und Produkte entscheidend. Der Digitale Produktpass fungiert als Träger von Informationen aus dem PLM-System und stellt ein Fundament für die THG-Berichterstattung. Die Asset Administration Shell (AAS, Verwaltungsschale) dient als eine standardisierte Technologie für den Informationsaustausch.

PLM für eine nachhaltige Zukunft

Durch eine ganzheitliche Betrachtung des Lebenszyklus können Auswirkungen und Risiken früh erkannt, bewertet und abschließend auch vermieden werden. CONTACT Research engagiert sich für eine nachhaltigere Produktentwicklung, um gemeinsam eine harmonische Zukunft zu gestalten. Lasst uns zusammen die Herausforderungen der nachhaltigen Produktentwicklung meistern und die Welt positiv beeinflussen!

Lesen Sie hier den ausführlichen Beitrag in Englisch auf dem CONTACT Research Blog.

Digitalisierung für die hohe See

Die Sonne scheint in Hamburg, die milde Herbstluft ist in Bewegung. Dabei hatte ich mich perfekt für Regenwetter ausgerüstet. In einem Konferenzhotel direkt am Hafen versammeln sich Anfang Oktober Schiffbauer aus aller Welt zum CADMATIC Digital Wave Forum. Das User Meeting lädt ein, CADMATICs CAD-Anwendung für den Schiffbau zu erleben und aus erster Hand von aktuellen Trends, Produkterweiterungen und Neuentwicklungen zu erfahren. Das Highlight: CADMATIC Wave, eine integrierte CAD-PLM-Lösung speziell für den Schiffbau, die CADMATIC zusammen mit CONTACT entwickelt.

Modellvisualisierung vereinfacht Datensuche und Zusammenarbeit

Nach dem ersten Kaffee sortieren wir uns allmählich in den Konferenzsaal, der Vormittag ist gefüllt mit Zahlen und Fakten rund um CADMATICs Digitalisierungsstrategie. Am Nachmittag präsentiert unser Geschäftsführer Maximilian Zachries den rund 200 Teilnehmenden CADMATIC Wave. Wir demonstrieren erste Funktionalitäten des integrierten Produktdatenmanagements (PDM) und sehen einige gezückte Telefone, um schnell ein Foto von der Neuerung zu machen. Ich bin etwas aufgeregt, jetzt ist es offiziell. Jetzt muss auch das Datenmodell her. Und das ist gar nicht so einfach.

Cadmatic's Atte Peltola introduces the audience to Cadmatic Wave

Atte Peltola von CADMATIC präsentiert CADMATIC Wave. (© CADMATIC)

Der Ruf aus allen Ecken nach einem Datenmodell für den Schiffbau trägt mich durch die drei Hamburger Tage. In meinen Gesprächen auf der Konferenz wird deutlich, dass die Informationen, die im Schiffsentstehungsprozess benötigt und erzeugt werden, am Modell verortet werden können müssen. Modellzentriert also: die Schiffsgeometrie wird inklusive Equipment, Ausstattung und Logistik visualisiert. Über die einzelnen Teile des Modells lassen sich Informationen abrufen und hinzufügen. Modellvisualisierungen ermöglichen für alle beteiligten Gewerke eine gemeinsame und intuitive Sicht auf das Schiff und vereinfachen unter anderem die Informationssuche erheblich. So werden Engineering-Tätigkeiten und die Zusammenarbeit, auch mit Partnern, effizienter.

Datenmodell auf Basis der Schiffsgeometrie birgt Herausforderungen

Als ich mich mit einem Mitarbeiter der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens (NTNU) unterhalte, stellt sich uns allerdings die Frage: Ist die geometrische Form überhaupt geeignet, um darüber eine generische Produktstruktur für die Datenhaltung im PDM zu generieren? Als Platzhalter in einem Datenmodell gibt es in so einem Schiff immerhin ziemlich viele Orte. Und ich nehme das hier mal vorweg: Datenmodelle organisieren sich normalerweise über die Prozesse in der Produktentstehung und nicht über die Geometrie eines Schiffsmodells. Ich bin gespannt, wie wir diese Herausforderung in CADMATIC Wave lösen werden.

Die Abendveranstaltung findet auf der Cap San Diego statt, einem Museumsschiff im Hamburger Hafen. Das rustikale Flair eines Schiffsbauchs und ein reichlich gedecktes Buffet schaffen eine gemütliche Atmosphäre für angeregte Unterhaltungen. Ich führe Gespräche über das Leben in Finnland und Norwegen und über den Unterschied zwischen Informations- und Datenmanagement. Der Abend endet stürmisch und regnerisch, endlich kommt meine Regenausrüstung zum Einsatz und ich komme trocken und warm ins Hotel zurück.

SEUS hebt europäischen Schiffbau auf die nächste Effizienzstufe

Auf dem CADMATIC Digital Wave Forum treffe ich auch zum ersten Mal meine Konsortialpartner aus dem Projekt Smart European Shipbuilding (SEUS). Darunter neben Vertreter:innen der NTNU und von CADMATIC auch Mitarbeitende von zwei Werften, der norwegischen Ulstein Group und der spanischen Astilleros Gondan SA. SEUS ist ein EU-gefördertes Forschungsprojekt mit dem Ziel, eine integrierte CAD- und PLM-Lösung für den Schiffbau zu entwickeln. Dabei wollen wir noch über die Funktionalitäten hinausgehen, die wir in CADMATIC Wave entwickeln. Beispielsweise mit einem Knowledge Management und der Nutzung von KI für die Suche innerhalb von Produktdaten.

In diesem Zusammenhang spielt uns die breite Aufstellung unserer Forschungsabteilung CONTACT Research in die Hände. Einerseits forschen wir in der Research Area Digital Lifecycle Management an Digitalisierungsstrategien für verschiedene Branchen. Andererseits zählt auch Künstliche Intelligenz zu unseren Forschungsschwerpunkten. Mit der KI-Produktdatensuche, wie wir sie in SEUS implementieren wollen, können wir also unser selbst auferlegtes Credo „Bringing artificial intelligence into the engineering domains“ mit Leben füllen.

Drei Tage in Hamburg gehen zu Ende und es bleiben drei starke Eindrücke:

  1. Es ist notwendig, ein abstraktes Datenmodell für den Schiffbau zu entwerfen. Eines, das im Kern die Module eines Schiffes enthält und dennoch auf die speziellen Bedürfnisse jedes Schiffbauers angepasst werden kann. Dieses Datenmodell muss eng mit dem Entwicklungsprozess verknüpft sein.
  2. Der persönliche Austausch und das persönliche Kennenlernen sind für mich in diesem mir neuen Arbeitsbereich eine bereichernde Erfahrung. Und dieses positive Gefühl motiviert mich weiter in meiner Arbeit im SEUS-Projekt.
  3. Regensachen sind in Hamburg Pflicht.