Wofür ist Quantum Computing gut?

Beim Thema Quantum Computing (QC) hat sich nach den durchaus realen Durchbrüchen in der Hardware und einigen spektakulären Ankündigungen unter Titeln wie „Quantum Supremacy“ der übliche Hype Cycle entwickelt mit einer Phase von vagen und überzogenen Erwartungen. Ich möchte hier versuchen, kurz einzuordnen, warum der enorme Aufwand in diesem Bereich überhaupt getrieben wird und welche realistischen Erwartungen dahinter stecken.

Um die fundamentalen Unterschiede zwischen QC und Classical Computing (CC) zu verstehen, muss man zunächst einen Schritt zurücktreten und sich fragen, auf welcher Basis beide Computing-Paradigmen operieren. Für das CC ist die Basis die universelle Turing-Maschine ausgedrückt in der allgegenwärtigen von-Neumann-Architektur. Das mag ein wenig abgehoben klingen, ist aber im Grunde einfach zu verstehen: Eine universelle Turing-Maschine abstrahiert den Sachverhalt, dass man in einen klassischen Computer jeden Algorithmus einprogrammieren kann (universell), der irgendwie (klassisch) algorithmisch ausdrückbar ist (Turing-Maschine).

Die weitaus meisten „Algorithmen“, die praktisch implementiert werden, sind dabei schlichte Sequenzen von Aktionen, die auf äußere Ereignisse reagieren wie Mausklicks auf einer Webseite, Transaktionen im Web-Shop oder Meldungen von anderen Computern im Netzwerk. Ein sehr sehr geringer, wenn auch wichtiger Anteil von Programmen macht das, was man im Allgemeinen mit dem Wort Algorithmus assoziiert, nämlich das Durchführen von Rechenoperationen zur Lösung eines mathematischen Problems. Die Turing-Maschine ist das angepasste Denkmodell zur Programmierung dieser Probleme und führt dazu, dass Programmiersprachen die Konstrukte aufweisen, die man gewohnt ist: Schleifen, Verzweigungen, elementare Rechenoperationen etc.

Was ist das Computing-Paradigma für einen Quantencomputer?

Ein Quantencomputer ist aufgebaut aus Quantenzuständen, die miteinander verschränkt werden können und über Quantengatter evolviert werden. Ist auch ein bisschen abgehoben, heißt aber einfach ausgedrückt, dass ein Quantencomputer so eingestellt wird, dass er einen (Quanten)Anfangszustand hat, der sich in der Zeit entwickelt und zum Schluss gemessen wird. Das Paradigma für einen Quantencomputer ist deshalb die Schrödingergleichung, die fundamentale Gleichung der Quantenmechanik. Ohne die Details zu verstehen, dürfte klar sein, dass sich Allerweltsprobleme schwer in den Formalismus der Quantenmechanik pressen lassen und dieser Aufwand wahrscheinlich auch keinen Gewinn bringt: Die Quantenmechanik ist eben nicht das angepasste Denkmodell für die meisten (Allerwelts-)Probleme und bei der Lösung auch nicht effizienter.

Was kann man dann damit?

Die Antwort ist sehr einfach: QC ist im Wesentlichen eine Methode zum Quantum Computing. Das klingt jetzt redundant, heißt aber, dass ein Quantencomputer eine universelle Maschine ist, um Quantensysteme zu berechnen. Dieser Vision, die Richard Feynman schon 1981 formuliert hat, folgt die Logik der Forschung bis heute. So ist es wenig überraschend, dass die Veröffentlichungen zum Thema, die sich mit Anwendungen befassen, entweder in der Quantenchemie oder der Grundlagenforschung der Physik angesiedelt sind [5][6].

Warum ist das wichtig?

Weil der klassische Computer sehr ineffizient darin ist, Quantensysteme zu berechnen oder zu simulieren. Diese Ineffizienz ist prinzipiell begründet in der mathematischen Struktur der Quantenmechanik und wird sich durch noch so gute klassische Algorithmen nicht beheben lassen. Neben Fragen der Grundlagenforschung wird QC wahrscheinlich auch wichtig werden im Bereich der Hardware klassischer Computer, wo man im Zuge der Miniaturisierung an Grenzen der Auslegung von Transistoren auf den Chips mit Hilfe der klassischen Theorien zur Elektrizität stößt. 

Daneben gibt es eine Reihe interessanter Verbindungen zur Zahlentheorie und anderen diversen Problemen, die man bisher als interessante Kuriosa einstufen kann. Allein die Verbindung zur Zahlentheorie könnte nach jetzigem Wissensstand eine erhebliche Auswirkung haben, da sich aus historischen Gründen fast alle praktischen asymmetrischen Verschlüsselungsverfahren auf Algorithmen stützen, die im Wesentlichen annehmen (einen Beweis dafür gibt es nicht), dass die Primzahlfaktorisierung mit klassischen Algorithmen nicht effizient zu lösen ist. Quantencomputer können das im Prinzip, sind jedoch hardware-technisch weit davon entfernt, das zu realisieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert