Klassisches, agiles oder hybrides Projektmanagement – wofür entscheide ich mich in einem Projekt? Eine Entscheidungshilfe kann zum Beispiel die Stacey-Matrix (nach dem Organisationstheoretiker Ralph D. Stacey) liefern. Anhand eines Kriterienkatalogs wird beurteilt, wie gut ein Projektvorhaben bereits verstanden ist – und zwar hinsichtlich der Anforderungen einerseits und des Lösungsansatzes andererseits. Sind die Anforderungen klar oder bewegt man sich etwa in einem neuen, noch unbekannten Markt? Wendet man eine gut beherrschte Technologie an oder eine neue, mit der man keinerlei Erfahrung hat?
Einfach, kompliziert, chaotisch?
Entlang dieser beiden Achsen unterteilt die Stacey-Matrix ein Projekt in die Kategorien einfach, kompliziert, komplex und chaotisch. Nach dem sogenannten Cynefin-Framework sind einfache Systeme so klar geordnet, dass man sie unmittelbar versteht. Komplizierte Systeme sind dagegen schwierig zu verstehen. Mit Expertenwissen gelingt es aber, deren Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge vorab zu verstehen und vorauszusagen.
Komplexe Systeme sind zwar ebenfalls von eindeutigen Kausalitäten bestimmt, weisen aber so viele Wechselwirkungen auf, dass auch Experten sie nicht mehr im Vorfeld ausreichend analysieren können. Die Zusammenhänge können erst im Nachhinein erkannt und verstanden werden. Als chaotisch bezeichnet man ein System, wenn keine eindeutigen Wirkungsbezüge mehr auftreten und ein und dieselbe Ursache völlig verschiedene Wirkungen erzeugen kann.
Ein kleines Beispiel verdeutlicht dies:
Für einen Meteorologen mag z.B. eine Wettervorhersage für die nächste Stunde einfach sein, eine für den nächsten Tag kompliziert. Eine Prognose für die nächste Woche dürfte dagegen schon ein komplexes Problem sein, während die Vorhersage für einen Tag des nächsten Jahres sicher ein chaotisches ist.
Solange Projektvorhaben einfach oder kompliziert sind, lassen sie sich mit einem wasserfallartigen, fest vordefinierten Ablauf je nach Expertise gut beherrschen. Je weiter sie jedoch in Richtung Komplexität tendieren, desto mehr empfiehlt sich eine agile, flexible Vorgehensweise mit vielen Rückkopplungsschleifen und der Möglichkeit zu Trial and Error. Ein wie ich finde einleuchtender Ansatz, der übrigens nicht nur auf ganze Projekte, sondern auch selektiv auf einzelne Bereiche in einem Projekt angewendet werden kann.
Die soziale Dimension
Aber vielleicht reicht dieser Ansatz noch nicht ganz aus. Wir haben von Anforderungen und von Lösungsansätzen gesprochen, aber noch nicht von den Menschen, die im Projekt zusammenarbeiten. Ist nicht auch deren organisatorisches und soziales Miteinander einfach, kompliziert oder komplex bis chaotisch? Und hat nicht dieser Faktor genauso große Auswirkungen auf den Projekterfolg? Gerade hier muss man meiner Meinung auch von Nichtvorhersagbarkeit, also Komplexität sprechen
Ein gut eingespieltes, seit Jahren zusammenarbeitendes Team ist sicherlich als einfach einzustufen. Dass es aber in einem neu zusammengestellten Team oder in einer neuen Zusammenarbeit verschiedener Abteilungen mit unterschiedlichen Interessen zu kaum vorhersehbaren Dynamiken kommen kann, wird gerne vergessen. Hier können agile Methoden mit ihrem Fokus auf ergebnisorientierte Kommunikation der Schlüssel zur Beherrschung des Projekts sein.
Vielleicht sollte man den beiden Achsen „Anforderungen“ und „Lösungsansatz“ also noch eine dritte Dimension „Soziales Miteinander“ hinzufügen, um das Entscheidungsmodell zu vervollständigen und die Basis für einen Projekterfolg zu legen.