Die Verwaltungsschale in der Praxis

Was ist eine Verwaltungsschale?

Industrie 4.0 verspricht effizientere und nachhaltigere Fertigungsprozesse via Digitalisierung. Die Grundlage hierfür entsteht durch den reibungslosen, automatischen Austausch von Informationen zwischen Anlagen und Produkten. Hier kommt die Verwaltungsschale (VWS; englisch: Asset Administration Shell) ins Spiel.

Eine Verwaltungsschale ist ein anbieterunabhängiger Standard für die Beschreibung Digitaler Zwillinge. Im Grunde ist sie das digitale Abbild eines Assets; entweder eines physischen Produkts oder eines virtuellen Gegenstands (z. B. Dokumente oder Software).

Die VWS definiert das Erscheinungsbild des Assets in der digitalen Welt. Sie beschreibt, welche Informationen eines Gerätes für die Kommunikation relevant sind und wie diese Informationen dargestellt werden. Die VWS eines Gegenstands kann damit alle wichtigen Daten über das Asset standardisiert und automatisiert bereitstellen.

Um zu verstehen, welchen Mehrwert eine VWS der Industrie bietet, hilft ein Blick in die Praxis.

Praxisbeispiel: VWS als Basis für neue Dienstleistungen

Im Rahmen des Forschungsprojekts ESCOM arbeitet CONTACT Software mit der GMN Paul Müller Industrie GmbH & Co. KG an der Umsetzung VWS-basierter Komponenten-Services. Das familiengeführte Unternehmen produziert Motorspindeln, die von seinen Kunden als Komponenten in Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung eingebaut und anschließend weiterverkauft werden.

Bereits vor Beginn des Projektes hatte GMN eine neue Sensortechnologie entwickelt. Sie ermöglicht tiefe Einblicke in das Verhalten der Spindel und gewährt Aussagen zum ganzheitlichen Betrieb des Spindelsystems. Diese Informationen will die Firma nutzen, um neue, produktbegleitende Dienstleistungen anzubieten:

  • Zertifizierte Inbetriebnahme: Bevor GMN seine Spindeln ausliefert, werden die Komponenten auf dem hauseigenen Prüfstand einem festgelegten Prüfzyklus unterzogen. Mit den Daten aus diesem Referenzzyklus will das Unternehmen sicherstellen, dass Motorspindeln im Kundenunternehmen korrekt verbaut und in Betrieb genommen werden.
  • Prediktive Services: Einsatzdaten, die Rückschlüsse zur Verfügbarkeit und zum Betrieb der Spindeln erlauben, sollen Kunden mit der sensorischen Mikroelektronik IDEA-4S kontinuierlich erfassen und analysieren können. Im Bedarfsfall können die Daten gemeinsam mit GMN genutzt werden, zum Beispiel für Problemanalysen. Dies spart wertvolle Zeit bis zur Wiederinbetriebnahme der Bearbeitungsmaschine. Perspektivisch kann das Unternehmen vorausschauende Service-Angebote wie Predictive Maintenance realisieren.

Über die GMN Paul Müller Industrie GmbH

Die GMN Paul Müller Industrie GmbH ist ein familiengeführtes Maschinenbauunternehmen mit Sitz in Nürnberg. Es produziert Hochpräzisionskugellager, Maschinenspindeln, Freiläufe, berührungslose Dichtungen sowie elektrische Antriebe, die in zahlreichen Industrien zum Einsatz kommen. Einen Großteil dieser Komponenten fertigt die Firma individuell für ihre Kunden am Standort und vertreibt seine Produkte über ein weltweites Vertriebsnetzwerk.

Wie werden die neuen Angebote umgesetzt?

Für solche Services müssen Unternehmen auf die Sensordaten ihrer Maschinen zugreifen und diese analysieren können. Zugleich gilt es, Maschinen (bzw. deren Komponenten) zu befähigen, selbstständig mit anderen Assets und Systemen rund um den Shopfloor zu kommunizieren. Für beide Aufgaben nutzt GMN die Plattform CONTACT Elements for IoT. Die modular aufgebaute Software hilft dem Unternehmen nicht nur, die Referenz- und Einsatzdaten der Spindeln zu erfassen, zu dokumentieren und auszuwerten. Sie enthält auch Funktionen, mit denen User die VWS für ein Asset anlegen, befüllen und verwalten können.

Hintergrund

Bei der Realisierung der Services, die auf Betriebsdaten der Spindel basieren, profitiert GMN von der Zusammenarbeit mit einem Kunden. Dieser verbaut die Spindeln in Bearbeitungsmaschinen, die GMN zur Herstellung eigener Produkte einsetzt. Daher kann GMN die Betriebsdaten in-house gewinnen und zur Verbesserung der nächsten Spindelgeneration verwenden.

Welche Rolle spielt die Verwaltungsschale?

Damit die Komponenten Informationen in standardisierter Form austauschen können, muss für die Spindel auf Artikel- und Seriennummernebene eine AAS angelegt werden. Auch dies geschieht in CONTACT Elements for IoT. Die neuen Services werden darin in einem sogenannten VWS-Metamodell abgebildet. Es dient als „Absprungpunkt“ zu den Service-Angeboten.

VWS und Teilmodelle

Die VWS einer Industrie 4.0-Komponente besteht aus einem oder mehreren Teilmodellen, die jeweils eine strukturierte Menge an Merkmalen enthalten. Sie werden von der Industrial Digital Twin Association (IDTA) festgelegt, einem Verein, in dem 113 Organisationen aus den Bereichen Forschung, Industrie und Software (u. a. CONTACT Software) an der Definition von VWS zusammenarbeiten. Eine Liste mit allen derzeit verfügbaren Teilmodellen finden Sie unter https://industrialdigitaltwin.org/content-hub/teilmodelle.

Die Teilmodelle der VWS kann GMN in CONTACT Elements for IoT mit wenig Aufwand selbst befüllen. Die Plattform beinhaltet ein Widget, das im Rahmen des Forschungsprojekts als Prototyp entwickelt wurde. Es zeigt Usern an, welche Teilmodelle derzeit beim Asset vorhanden und welche verfügbar, aber noch nicht angelegt sind. Über das Frontend können User direkt auf den REST-Knoten springen und Teilmodelle hoch- bzw. herunterladen (im VWS-/JSON-Format).

Bei der Umsetzung der datenbasierten Service-Angebote konzentriert sich GMN auf die Teilmodelle

  • Time Series Data (u. a. semantische Informationen über Zeitreihendaten)
  • Typenschild (u. a. Informationen zum Produkt, dem Namen des Herstellers sowie der Produktbezeichnung und -familie),
  • Kontaktinformationen (standardisierte Metadaten einer Maschine/Anlage) sowie
  • Carbon Footprint (Informationen zum Carbon Footprint einer Maschine/Anlage)

Die Befüllung der Teilmodelle ist simpel. Das zeigt sich im Kontext von GMN am Modul Time Series Data. Während der Referenzfahrt einer Motorspindel auf dem internen Prüfstand werden die Zeitreihendaten von CONTACT Elements for IoT aufgezeichnet und automatisch in das Teilmodell der VWS der gerade geprüften Motorspindel übertragen. Zugleich legt die Plattform ein Dokument zur Referenzfahrt an. Dadurch kann GMN deren Gültigkeit jederzeit tracken und für externe Stakeholder bereitstellen.

Neue Services nehmen Gestalt an

Der Einsatz von Verwaltungsschalen erlaubt es GMN, seine Service-Ideen zu realisieren. Das betrifft aktuell den Inbetriebnahme-Service und die automatisierten Services zur Qualitätssicherung.

Durch die Analyse der Spindeldaten kann das Unternehmen Ausreißer in den Einsatzdaten erkennen und darauf aufbauend Handlungsempfehlungen geben. Unterschiedliche Schwinggeschwindigkeiten deuten beispielsweise darauf hin, dass die Spindel in der Maschine falsch verbaut wurde oder zeitlich veränderliche Vorgänge stattfinden. Genauso lassen sich anhand der Analyse Aussagen über Anomalien im Betriebsverhalten treffen.

Die Transparenz, die auf diesem Weg entsteht, wird in CONTACT Elements for IoT mithilfe von Dashboards erhöht. GMN sieht darin alle relevanten Informationen zu den auf dem Prüfstand befindlichen Spindeln, von 3D-Modellen bis hin zu Zustandsdaten. Diese Übersicht ist nicht zuletzt für das Qualitätsmanagement von hohem Wert.

Die Verwaltungsschale einer Spindel in CONTACT Elements.

Zusammengefasst

Verwaltungsschalen sind anbieterunabhängige Standards, mit denen Unternehmen Digitale Zwillinge beschreiben. Sie zählen zu den wichtigsten Hebeln für die Umsetzung neuer Industrie-4.0-Geschäftsmodelle, denn sie ermöglichen die Kommunikation zwischen Assets, Systemen und Organisationen.

Wie der Einsatz von Verwaltungsschalen in der Praxis funktioniert, zeigt das Beispiel GMN. Die Firma konzipiert damit neue, produktbegleitende Dienstleistungen, die auf den Informationen der VWS ihrer Produkte basieren. Diese Angebote kann GMN durch die fortwährende Analyse von Einsatzdaten in CONTACT Elements for IoT sukzessive verbessern.

Was bedeutet der Data Act der EU für produzierende Unternehmen?

Erfolgreiche Digitale Transformation bedingt den Zugriff auf Daten sowie deren intelligente Nutzung. Daher hat die EU mit dem Data Act eine Verordnung definiert, die den europäischen Datenmarkt stärken soll. Darauf müssen auch Unternehmen aus den klassischen Industrien möglichst bald reagieren.

Was ist der Data Act?

Die „Verordnung über harmonisierte Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung“ (kurz: Data Act) ist eine Initiative der Europäischen Union, die Vorschriften bezüglich des Zugangs zu Daten und deren Verwendung definiert. Sie soll innerhalb der EU einen fairen, transparenten Rahmen für den Austausch und die Nutzung von Daten schaffen. Ziel ist, Innovationen zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Firmen auf dem globalen Datenmarkt zu stärken.

Der Data Act ist ein wesentlicher Baustein der Digitalstrategie der EU. Der Europäische Rat hat ihn bereits am 27. November 2023 verabschiedet. Die Verordnung trat am 11. Januar 2024 in Kraft und soll nach 20-monatiger Karenzzeit ab dem 12. September 2025 EU-weit in direkt anwendbares Recht umgemünzt werden.

Was steckt dahinter?

In der digitalen Wirtschaft sind Daten eine zentrale Ressource. Mangels Richtlinien, rechtlicher Vorgaben und Standards bleibt jedoch gerade in der Industrie ein Großteil der generierten Daten ungenutzt.

Zugleich beobachten wir aktuell ein starkes Ungleichgewicht am Markt: Daten befinden sich meist im Besitz eines kleinen Kreises von Großunternehmen. Im Vergleich zu KMU und Start-Ups genießen diese Firmen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil, der sich unter anderem in einseitigen Verträgen hinsichtlich Datenzugang und -nutzung widerspiegelt.

Vor diesem Hintergrund hat die EU den Data Act erarbeitet. Die Verordnung strebt eine Demokratisierung des Marktes sowie ein ausgewogenes, faires Datenökosystem an. Dafür hat die EU einen rechtlichen Rahmen definiert. Er stellt sicher, dass Anwender*innen bei der Nutzung eines vernetzten Produktes oder verbundenen Dienstes zeitnah auf die dabei entstehenden Daten zugreifen können.

Die Ziele des Data Acts im Überblick:

  • Klare Regeln für die Nutzung und den Austausch von Daten
  • Transparenz und Fairness auf dem Datenmarkt
  • Schutz persönlicher Daten
  • Sichere Datenverarbeitung
  • Förderung datengetriebener Innovationen
  • Höhere Wettbewerbsfähigkeit von EU-Unternehmen

Wer ist vom Data Act betroffen?

Der Data Act richtet sich an Unternehmen, Organisationen und Personen, die innerhalb der EU

  • vernetzte Produkte in Verkehr bringen,
  • verbundene Dienste anbieten,
  • als Dateninhaber generierte Daten an Dritte weitergeben,
  • Daten von Dateninhabern empfangen,
  • als öffentliche Einrichtung Dateninhaber zur Weitergabe von Daten aufrufen oder
  • Datenverarbeitungsdienste offerieren.

Betroffen sind außerdem Personen, die an Datenräumen teilnehmen, sowie Anbieter von Anwendungen, die intelligente Verträge beinhalten. Personen, deren Gewerbe, Geschäft oder Beruf die Einführung intelligenter Verträge für andere im Zusammenhang mit der Durchführung einer Vereinbarung umfasst, müssen den Data Act ebenfalls erfüllen.

Welche Aufgaben ergeben sich aus dem Data Act?

Durch den Data Act kommen auf die Industrie zahlreiche neue Pflichten zu. Dazu zählen:

Daten zugänglich machen: Anbieter müssen sicherstellen, dass Nutzer*innen vernetzter Geräte oder verbundener Dienste Zugang zu den davon generierten Daten erhalten.

Portabilität gewährleisten: Der Data Act fordert Mechanismen, die es Nutzer*innen ermöglichen, ihre Daten einfach und sicher an Dritte zu übertragen. Dies umfasst die Entwicklung von Standards und Schnittstellen für den Datenaustausch.

Transparenz und Fairness sicherstellen: Unternehmen müssen transparent darüber informieren, welche Daten sie sammeln, wie sie diese verwenden und wer Zugang dazu hat.

Datenschutz gewährleisten: Die Verarbeitung und Weitergabe von Daten muss im Einklang mit geltenden Datenschutzgesetzen (z. B. der DSGVO) erfolgen.

Zusammenarbeit mit Behörden ermöglichen: In vielen Fällen ist es nötig, Daten an öffentliche Einrichtungen weiterzugeben. Dafür sind klare Prozesse und Verantwortlichkeiten erforderlich.

Data Act vs. Data Governance Act

Der Data Act ist nicht die einzige Säule der europäischen Datenstrategie. Hierzu zählt auch der Data Governance Act (DGA), eine bereits geltende Verordnung, die Prozesse und Strukturen für den Datenaustausch zwischen Personen, Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen definiert. Im Gegensatz dazu fokussiert sich der Data Act stärker auf die Förderung der Digitalwirtschaft. Er regelt, welche Akteure entstehende Daten unter welchen Bedingungen verwerten dürfen.

Welche Folgen haben Verstöße gegen den Data Act?

Wie diese Baustellen im Detail ausgestaltet sein werden, ist heute leider noch nicht absehbar. Bislang wurde die EU-Verordnung nicht in deutsches Recht umgesetzt. Welche Pflichten sich hierzulande ergeben und welche Aufsichtsbehörden die Umsetzung kontrollieren, ist daher offen.

Klar ist jedoch: Verstöße gegen den Data Act werden analog zur DSGVO Bußgelder nach sich ziehen. Außerdem besteht die Gefahr, dass Firmen bei Missachtung der Vorgaben von anderen Akteuren am Markt auf Schadensersatz verklagt werden. Möglich ist darüber hinaus, dass Produkte und Services, die dem Data Act nicht entsprechen, nicht mehr in der EU vertrieben werden dürfen.

Birgt der Data Act lediglich neue Aufgaben?

Die EU-Verordnung bringt nicht nur Pflichten mit sich. Gerade KMU eröffnen sich dadurch viele neue Chancen. Stehen Daten in interoperablen Formaten allen Akteuren am Markt zur Verfügung, erleichtert das die Umsetzung innovativer, datenbasierter Angebote, z. B. Predictive Maintenance.

Genau darauf zielt die Demokratisierung des Datenmarktes ab. Sie gewährt Unternehmen mehr Kontrolle im Umgang mit ihren Daten und erzeugt Regeln, die den Datentransfer erleichtern. Davon sollen sowohl Dateninhaber als auch -nutzer profitieren.

Prozesse, die aktuell noch komplex und zeitaufwendig sind, werden beschleunigt. Beispielsweise sieht die Verordnung klare Regeln für das Vertragsmanagement vor. Cloud- oder Edge-Anbieter etwa müssen vertraglich und technologisch sicherstellen, dass Kunden ihre Daten beim Wechsel des Systems möglichst einfach übertragen können.

Die Industrie profitiert darüber hinaus von zunehmendem Wettbewerb. Maschinenbauer, die ihre Produkte für das Internet of Things befähigen wollen, können sich mit diesem Anliegen Stand heute z. B. nur an wenige Anbieter wenden. Der Data Act öffnet diesen eingeschränkten Kreis. Dies erhöht nicht nur die Qualität der Angebote, sondern führt auch zu geringeren Preisen.

Laut einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom ist Deutschlands Wirtschaft in Puncto Data Act aktuell geteilter Meinung. 49 Prozent der 603 befragten Unternehmen aus allen Wirtschaftsbereichen bewerten die neue EU-Regelung als Chance für ihr Unternehmen. 40 Prozent der Befragten gaben hingegen an, den Data Act als Risiko zu betrachten.

Wie gehen Unternehmen am besten vor?

Firmen, die sich mit dem Data Act befassen, stoßen schnell auf komplexe Themen: Wie stellen sie sicher, dass die Datenschnittstellen ihrer Maschinen, Anlagen und Produkte für Dritte zugänglich sind? Welchen Einfluss nimmt die Weitergabe von Daten auf ihr Geschäftsmodell? Welche Chancen ergeben sich dadurch (z. B. neue Services und Angebote)?

Viele dieser Fragen sind derzeit noch nicht eindeutig zu beantworten. Das erschwert es, sich auf die EU-Verordnung vorzubereiten. Ratsam ist, das Thema auf die strategische Agenda zu setzen und den Austausch zu Verbänden wie dem VDI oder BITKOM sowie anderen Unternehmen zu suchen. Dieser Dialog hilft, den Einfluss des Data Acts auf das eigene Geschäft einzuschätzen.

Zusammengefasst

Mit dem Data Act will die EU den europäischen Datenmarkt für den internationalen Wettbewerb wappnen. Die Verordnung fördert einen sicheren, effizienten Datenfluss und schafft einen Rahmen, der den Austausch sowie die Nutzung von Daten erleichtert. Daraus ergeben sich neue unternehmerische Pflichten, aber auch gerechtere Marktbedingungen.

Wie der Data Act in Deutschland umgesetzt wird, ist noch offen. Gerade produzierende Unternehmen sollten sich trotzdem möglichst bald mit den Inhalten auseinandersetzen. Es ist ein komplexes Regelwerk, das u. a. die technologische Infrastruktur, die Prozesse sowie Themen wie die Vertragsgestaltung beeinflusst. Darauf müssen sich betroffene Firmen ausreichend vorbereiten.

Weitere Informationen

Der Umgang mit Daten gewinnt für den Unternehmenserfolg immer mehr an Bedeutung. Gerade für Cloud-Anwender ist nicht zuletzt eine zuverlässige Sicherheitsarchitektur essenziell. Was es dafür braucht und worauf Sie in diesem Kontext bei der Auswahl von Software-Anbietern achten sollten, lesen Sie in unserem Ratgeber „IT-Sicherheit für Unternehmen“.

Wegbereiter für die Nachhaltigkeit: Der Digitale Produktpass

Haben Sie sich schon einmal gefragt, welche Informationen sich hinter den Produkten verbergen, die unseren Alltag bestimmen? Vom Smartphone bis zur Verpackung von Lebensmitteln – der Digitale Produktpass (DPP) soll auf einen Blick zu zeigen, woher ein Produkt stammt, wie es hergestellt wurde sowie ob und wie es sich reparieren lässt. Daher hat der DPP das Potential, unsere Konsumgewohnheiten positiv zu beeinflussen und ist somit auch zukünftig für Unternehmen relevant.

Hinter den Kulissen: Der Digitale Produktpass erklärt

Der DPP ist als Konzept im Rahmen des europäischen Green Deal und des EU-Aktionsplans für die Förderung der Kreislaufwirtschaft entstanden. Die Idee mag zunächst abstrakt klingen, aber sie wird bereits zu einem zentralen Element des nachhaltigen Konsums. Analog zu dem Bild eines „Reisepasses“ vermerkt er alle wichtigen Stationen im Lebenszyklus eines Produktes und gibt so detaillierte Einblicke in Produktion, Reparatur und Entsorgung.

Warum ist das wichtig?

Stellen Sie sich vor, Sie könnten beim Kauf eines Produkts genau nachvollziehen, ob es nachhaltig hergestellt wurde und wie umweltfreundlich es sich am Ende seines Lebens verhält – der DPP gibt diese Einblicke. Es handelt sich dabei nicht mehr um ein reines Konzept: Die Europäische Union hat seine Einführung vorgeschrieben und bis 2030 sollen alle Branchen einbezogen werden. Die ESG-Reporting-Pflicht und das Lieferkettengesetz fordern von Unternehmen mit über 500 Mitarbeiter*innen bereits, ihre Daten zu erheben. In Deutschland betrifft der Pass als Erstes ressourcenintensive Branchen wie Elektronik, Elektrofahrzeuge, Industriebatterien, Textilien, Baugewerbe, Verpackungen und Kunststoffe.

Was beinhaltet der Digitale Produktpass?

Das Deutsche Institut für Normung (DIN) und die Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) haben einen Ausschuss zum Digitalen Produktpass gegründet, mit dem Ziel, Anforderungen an die technische Gestaltung des DPP zu definieren. Dazu gehören beispielweise Informationsträger mit einheitlichen Identifikatoren für das Produkt, Informationen über die Umweltauswirkungen sowie Langlebigkeit, Materialien, Zulieferer und mehr. Um eine Anpassung an die unterschiedlichen Produktgruppen und -branchen mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Daten zu ermöglichen, benötigt der DPP jedoch eine entsprechende modulare Architektur.

Wie der Digitale Produktpass das Konsumverhalten beeinflussen wird

Verbraucher*innen eröffnet der DPP einen klaren Blick auf die gesamte Reise eines Produkts, von der Entstehung bis zur Entsorgung oder Wiederverwertung. So könnte er durch seine Förderung der Transparenz einen erheblichen Einfluss auf unser Konsumverhalten haben. Mit Hilfe des unkomplizierten Einblickes in die Umweltauswirkungen ermutigt er Konsumenten beispielweise dazu, langlebige Produkte auszuwählen. Mithilfe von mehreren Detailstufen können die Informationen auf unterschiedliche Zielgruppen zugeschnitten werden.

Der DPP als Treiber der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft

Dabei ist der DPP mehr als nur ein Reisepass für Produkte: er treibt das nachhaltige Wachstum in der Kreislaufwirtschaft an. Der Produktpass optimiert den Produktlebenszyklus, fördert Standardisierung und nachhaltiges Design, verbessert Ressourcen- und Recyclingeffizienz und hilft bei der umweltfreundlichen Beschaffung.

Der DPP im Unternehmen

Für Unternehmen ist es wichtig, sich frühzeitig auf die Einführung des DPP vorzubereiten. PLM-Systeme wie CIM Database PLM und hochentwickelte IT-Lösungen nehmen dabei viel Arbeit ab. Zum Beispiel können sie LCA-Daten (Life Cycle Assessment) direkt anhand der Stücklisten und Arbeitspläne berechnen und mit Material Compliance-Methoden eine sichere Materialauswahl gewährleisten. IoT-Systeme wie CONTACT Elements for IoT liefern zusätzlich Daten aus der Produktion, die zu effektivem Energiemanagement beitragen können.

Ein strategischer Schritt für die nachhaltige Zukunft?

Der DPP ist also nicht nur eine reine Informationsquelle, sondern bietet Verbraucher*innen fundierte Informationen, um verantwortungsbewusste Kaufentscheidungen zu treffen. Unternehmen können sich erfolgreich auf DPP-Standards vorzubereiten, indem sie ihre PLM-Systeme und IT-Lösungen ausbauen. Der Digitale Produktpass ist somit ein strategischer Schritt und wegweisende Notwendigkeit für eine nachhaltige Zukunft.

Einen umfassenderen Beitrag zum Digitalen Produktpass finden Sie hier auf dem CONTACT Research Blog.