Mit dem Passwort zu mehr Cybersecurity

Heute ist wieder der „Ändere dein Passwort-Tag“. Eine gut gemeinte
Initiative für mehr IT-Sicherheit. Die ursprünglich aus dem militärischen Kontext der 1960er-Jahre stammende Empfehlung, das Passwort regelmäßig zu wechseln, findet sich auch heute noch in vielen Unternehmensrichtlinien wieder. Moderne Richtlinien wie das aktuelle BSI Grundschutzkompendium und die NIST Digital Identities Guidelines streichen diese Anforderung, denn es gibt effektivere Strategien, die Passwortsicherheit zu erhöhen:

Passwortlänge schlägt -komplexität

Zuallererst gilt: Ein starkes Passwort muss nur dann geändert werden, wenn es
den Verdacht gibt, dass es enthüllt wurde.

Angreifer können heute mit automatisierten Systemen Milliarden von Passwörtern innerhalb kürzester Zeit ausprobieren. Insbesondere wenn diese Systeme über das Netzwerk erreichbar sind oder Zugriff auf die Passwort Hashes haben und daher effektiv offline ausprobiert werden können. Die Komplexität des Passwortes ist daher vollkommen gleichgültig, wenn es zu kurz ist. Die Empfehlungen für die Länge schwankt zwischen 8 bis zu mindestens 14 Zeichen. Fortschritte bei Angriffswerkzeugen wie zum Beispiel Hashcat und durch schnellere, spezialisierte Hardware zum Passwortraten treiben diese Anforderungen immer weiter in die Höhe.

Compliance-Richtlinien verlangen heutzutage individualisierte Zugangsdaten. Damit entfällt die Gefahr, dass ein Passwort vielen Leuten bekannt ist und so auch die Notwendigkeit dieses regelmäßig zu ändern. Ein langes Passwort für genau eine Person für genau einen Dienst. Ziemlich sicher.

Passworte sind keine Wiederholteile

Hand aufs Herz, haben Sie nicht auch schon mal das identische oder ein sehr ähnliches Passwort für mehrere Dienste verwendet? Das sollten Sie sich schnell abgewöhnen, denn so führt ein erfolgreicher Angriff auf einen Dienst automatisch zu einem erfolgreichen Angriff auf weiteren. Vor allem die Verwendung bereits privat genutzter Passwörter im Unternehmensumfeld ist besonders kritisch.

Moderne Passwortrichtlinien stellen sicher, dass Passworte abgelehnt werden, die in Listen erbeuteter Passwörter vorkommen. Die Webseite haveibeenpwand zum Beispiel zeigt an, ob ein Passwort erbeutet wurde. Moderne Systeme bieten hier Schnittstellen, um Passworte dahingehend zu prüfen. In CONTACT Elements können Sie diese ganz einfach aktivieren:

from cdb.sig import connect
from cdb.authentication import check_pwned_password
connect(‚password_acceptable_hook‘)(check_pwned_password)

Passwort-Manager statt Einheitsbrei

Passwortwiederholung ist schlecht, kurze Passwörter auch. Benutzer stehen vor der Herausforderung, sich eine große Anzahl langer Passwörter im Kopf zu merken. Auf einen Zettel schreiben und diesen unter der zu Tastatur verstecken oder an die Pinnwand zu kleben ist keine Lösung, da eine Kamera das Passwort abfilmen kann.

Besser ist es, einen Passwort-Manager zu verwenden. Dieser kann lange Passwörter erstellen, verwalten und erleichtert per Copy und Paste die Eingabe. Leider blockieren einige Unternehmen, getrieben von der Sorge, dass ein Trojaner die Passwörter in der Zwischenablage abfangen, die Copy und Paste-Methode in ihren Anwendungen und verhindern damit die Verwendung eines Passwort-Managers. Bei einem Trojaner-Befall ist diese Maßnahme jedoch meist wirkungslos und Unternehmen sollten die Benutzer anleiten, einen Passwort-Manager zu benutzen, um Ihre IT-Sicherheit zu erhöhen.

Vorsicht vor Wegelagerern und Trickbetrügern

Selbst das stärkste Passwort schützt nicht vor Angriffen, wenn es abgefangen wird. Das geht oft erstaunlich einfach. Verbindungen ohne ein Mindestmaß an Sicherheit wie Transport Layer Security (TLS) sind ein offenes Buch für jeden Angreifer. Auch ältere Netzwerkprotokolle wie Kerberos bieten zahlreiche Einfallstore. Ransomware nutzt diese aus, um sich im Firmennetz auszubreiten. Sobald sich ein Administrator auf einem befallenen Rechner anmeldet, hat der Angreifer die Zugangsdaten und kurz darauf sind goldene und silberne Tickets erstellt und die Windows-Domäne ist fest in der Hand des Angreifers. Auch hier steht und fällt die Sicherheit mit dem Passwort, da dieses in die Berechnung der Authentifizierungstickets eingeht und aufgrund der symmetrischen Verschlüsselung dem Angreifer ermöglicht, aus dem Ticket das Passwort zurückzurechnen.

Sicherheit durch mehrere Faktoren steigern

Eine Empfehlung, um die Schwächen von Passworten zu umgehen, ist es, weitere Faktoren einzubeziehen. Das funktioniert sehr gut aus der Perspektive der Sicherheit. Ein zweiter Faktor erhöht in praktisch jedem Fall die Sicherheit deutlich. Dabei ist es in den meisten Fällen zweitrangig, ob es sich um Einmalpassworte wie TANs per SMS, zeitbasierte Codes wie Definition Time-based One-time Password (TOTP) oder auch schlichte Bestätigungsemails mit Links handelt.

Die Schattenseite von zweiten Faktoren ist der zusätzliche Aufwand und die Auswirkungen auf die Usability. Helpdesk Prozesse werden komplizierter, Benutzer müssen geschult werden und Anmeldevorgänge passieren oft langsamer.

Single Sign-On – Fluch und Segen zugleich

Benutzer:innen lieben Single Sign-On (SSO), bei dem man nur einmalig ein Passwort und einen zweiten Faktor eingeben muss, um zahlreiche Dienste zu nutzen. Das minimiert den Aufwand enorm – allerdings auch für den Angreifer. Insbesondere, wenn der Zugang nur an einem schwachen Passwort hängt. Ein zentrales Login-System löst auch viele Probleme für Compliance, wenn Benutzer:innen gesperrt oder Reports erstellt werden. Auch die Kosten für Benutzerverwaltung reduzieren sich.

Single Sign-On stellt die oben angeführte Argumentation „Ein Passwort pro Dienst“ auf den Kopf. Wieder steht nur ein Passwort zwischen dem Angreifer und Ihrem System. Kennt der Angreifer das Passwort, so hat er Zugang. Und dann öffnet das Single Sign-On-System dem Angreifer alle Türen.

Phishing erkennen

Auch stärkere Verfahren wie TOTP oder Hardware-Keygeneratoren bieten keinen Schutz, wenn man Passwort und Zugangscode auf einer gefälschten Webseite eingibt. Diese Praxis ist bekannt unter dem Namen Phishing. Die Lösung dagegen lautet Kanal- oder Token-Binding und verknüpft (bindet) den gewünschten Zugang mit dem Kanal, über den der Zugang angefragt wird. Was bedeutet, dass ein Token nur für den Zugang zu Gerät A akzeptiert wird, nicht aber für Gerät B des Angreifers.

Diese Form der Mehrfaktorauthentifizierung ist sehr sicher und mit moderner Hardware oder Mobiltelefonen einfach zu verwenden. Für die Unternehmens-IT ist die Integration in gängige Plattformen dabei relevant. Windows Hello, Apple und Android unterstützen den von der FIDO Alliance spezifizierten FIDO2 / WebAuthn-Standard, um Phishing aufzudecken und Single Sign-On sicher zu machen.

Passworte sind überflüssig!?

Ausgehend vom WebAuthn-Standard gibt es seit 2022 mit Passkeys eine neue Initiative – getrieben von Apple, Microsoft und Google – um Passworte aus Anwendungen und Single Sign-On zu verbannen. Sie können Ihr Passwort bereits heute schon in einen Passkey ändern, wenn Ihr Gerät das unterstützt und 2024 den „Change your Password Day“ dazu nutzen, Ihr Passwort zu löschen und nie wieder verwenden zu müssen.


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