Das Spiel mit den PLM-Marktzahlen

Die amerikanische Marktforschungsfirma CIMdata veranstaltete unlängst in Stuttgart Ihr diesjähriges PLM Vendor Forum, um die deutsche Anbietergemeinde über die aktuellen Markttrends zu informieren. Ihren Zahlen zufolge wuchs der weltweite PLM-Markt im Jahr 2010 um 9,7 Prozent und erreichte ein Volumen von 25,8 Milliarden US-Dollar. Schwellenländer, neue Branchen jenseits der Fertigungsindustrie und der Trend zu ökologischer Produktentwicklung bieten den PLM-Herstellern laut CIMdata weiterhin gute Wachstumschancen.

CIMdata teilt den PLM-Markt grundsätzlich in drei Kategorien ein, nämlich Tools (CAD, CAM, CAE, AEC, EDA etc.), Digital Manufacturing und collaborative Product Development management (cPDm), das heißt Lösungen für das Lifecycle-Management von Daten und Prozessen. Während der PLM-Gesamtmarkt (einschließlich Bauwesen und Elektronik-Design) den Schätzungen der Marktforscher zufolge um 9,7 Prozent auf 25,8 Milliarden US-Dollar wuchs, legte das cPDM-Segment um 10,1 Prozent zu und erreichte ein Volumen von 8,73 Milliarden US-Dollar. Etwas schwächer fiel das Wachstum im Geschäft mit den Tools aus, in dem insgesamt 16,3 Milliarden US-Dollar umgesetzt wurden. Das Digital Manufacturing-Geschäft konnte auch 2010 die Wachstumshoffnungen nicht erfüllen und erreichte nur 474 Millionen US-Dollar (plus 5 Prozent).

Die stärksten Zuwächse verzeichnete das PLM-Geschäft 2010 im asiatisch-pazifischen Raum, der im Rezessionsjahr 2009 allerdings auch den stärksten Einbruch hatte hinnehmen müssen. Nord- und Südamerika liegen weiterhin knapp vor der Region EMEA (Europa und Naher Osten). Ein etwas anderes Bild ergibt sich, wenn man nur den so genannten Mainstream-PLM-Markt (ohne EDA, AEC, CASE und reine cPDm-Lösungen) betrachtet: Hier dominiert die Region EMEA mit einem Marktanteil von etwa 40 Prozent. Der Mainstream-Markt erreichte im letzten Jahr ein Wachstum von 8,5 Prozent und ein Volumen von 16,3 Milliarden US-Dollar.

Das Wachstum des PLM-Gesamtmarktes wurde im Jahr 2010 stärker durch den Verlauf neuer Software-Lizenzen als durch das Servicegeschäft getrieben. Nach Einschätzung von CIMdata wird das in den nächsten Jahren eine Welle von Folgeinvestitionen in Dienstleistungen auslösen. Insbesondere das cPDM-Geschäft ist nach wie vor sehr Service-lastig. Im Schnitt erwirtschaften die Anbieter 60 Prozent ihrer Umsätze mit Dienstleistungen, wobei der Serviceanteil bei den reinen cPDm-Anbietern kurioserweise deutlich niedriger liegt (23 Prozent), während Systemintegratoren und Wiederverkäufer ihr Geld hauptsächlich damit verdienen, was auch nicht weiter verwunderlich ist. CIMdata erwartet für das cPDm-Geschäft in den nächsten fünf Jahren ein durchschnittliches Wachstum von 9,3 Prozent pro Jahr.

Was die Rangliste der weltweit größten PLM-Anbieter anbelangt, so gibt es keine großen Überraschungen, vor allem wenn man berücksichtigt, dass hier die Umsätze mit Tools wie CAD einfließen. Nach der Übernahme der PLM-Vertriebsorganisation von IBM ist Dassault die Nummer eins, gefolgt von Autodesk, Siemens PLM Software, PTC, SAP und Oracle. Neu ist nur, dass CIMdata Autodesk in die Gruppe der so genannten PLM Mindshare Leader aufgenommen hat, da das Unternehmen sich nicht mehr nur als Tool-Anbieter versteht. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass die Firma den Löwenanteil ihrer Umsätze nach wie vor mit CAD-Tools generiert. Ordnet man die Rangliste nach den PLM-Umsätze schieben sich die drei großen EDA-Anbieter Synpsys, Cadence und Mentor Graphics unter die ersten zehn und auch IBM taucht als PLM-Serviceanbieter wieder auf.

Wenig Nutzen aus Anwendersicht
CIMdata hat sich angewöhnt, die Marktzahlen entsprechend den Wünschen der PLM-Anbieter aufzubereiten. Womit sich mir die Frage stellt, welchen Nutzen sie eigentlich für die Anwender von PLM-Lösungen haben? Meines Erachtens keinen großen, weil sich die der Markterhebung zugrunde liegende PLM-Definition einseitig an den Interessen der großen Softwareanbieter mit ihrem Bauchladen von Werkzeugen orientiert und nicht an den Kundenanforderungen hinsichtlich des Product-Lifecycle-Managements. Ich habe noch keinen Anwender getroffen, der mir auf die Frage nach seiner PLM-Strategie geantwortet hätte, er führe gerade ein neues 3D-CAD-System ein. Wohl aber, dass er mit seinem PDM-System künftig auch die Vertriebs- und Serviceprozesse unterstützen möchte.

Der Kunde sucht keinen Anbieter von möglichst vielen PLM-Tools, sondern einen Hersteller, der vielleicht gar keine eigenen Autorenwerkzeuge anbietet, aber dafür in der Lage ist, den Lebenszyklus seiner Produkte möglichst durchgängig, das heißt im Idealfall von der Angebotsphase bis zum Recycling zu unterstützen. Der eine offene Systemumgebung bietet, die mit anderen Unternehmensanwendungen integrierbar ist oder sie vielleicht sogar ersetzen kann. Was nützt ihm da eine Rangliste, in der unter den zehn führenden PLM-Anbietern vier oder fünf große Tool-Entwickler aufgeführt sind, deren eigentliches PLM Portfolio nur ein Add On ist?

Ich will damit sagen: Die vorherrschende PLM-Definition, die unter dem Oberbegriff auch alle Produktdaten erzeugenden Anwendungen subsumiert, gehört dringend auf den Prüfstand. Und wenn schon Autorensysteme, warum nicht auch MS Word oder Excel, mit denen Unmengen von produktrelevanten Informationen erzeugt und zum Teil schon mit PDM-Unterstützung verwaltet werden? Dann wäre halt Microsoft die Nummer eins im PLM-Markt.